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Tift Merritt - Traveling alone

Tift Merritt- Traveling alone

Yep Roc / Cargo
VÖ: 02.11.2012

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Reise, Reise

Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte der Völkerwanderungen. Nicht erst seit den Zeiten der Globalisierung gehören Fernweh und Fortbewegung zu unserer Existenz dazu; sie haben den kulturellen Aufstieg des Homo sapiens sapiens vermutlich überhaupt erst möglich gemacht. Weil jedoch trotzdem die meisten Menschen am liebsten dort bleiben, wo sie sich am besten auskennen, ranken sich immer wieder Mythen und Legenden um das, was so weit entfernt liegt und für die Sesselpupser unerreichbar bleibt. Homers Oddysee, Vergils Aeneis, Tolkiens Hobbit - you name it.

Dass sich auch Tift Merritt mit dem Reisen beschäftigt, hat aber noch andere Hintergründe. Zum einen ist das Fernweh natürlich auch ins Genom der Americana kodiert, und zum anderen gehört zur Fortbewegung auch immer die Frage der Begleitung. Und oft eben auch die Trennung von denen, die einem am Herzen liegen. Das sind dankbare Themen, und für eine gewiefte Songwriterin wie Merritt springt da natürlich gleich ein ganzes Album heraus: "Traveling alone" erlaubt sich das Spiel mit dem Sujet in allen denkbaren Varianten. Dass dies auf ihrem sechsten Album nie zur reinen Fingerübung verkommt, ist Merritts Kunst zu verdanken. So in sich schlüssig und emotional faszinierend klang in den letzten Jahren kaum ein Konzeptalbum.

Das eröffnende Titelstück kuschelt sich ins Knistern des Lagerfeuers, und Marc Ribots Gitarre twangt dazu mit melancholischem Feedback. "Sweet spot" wippt mit genüsslicher Sehnsucht, und bevor die Ruhe allzu sehr um sich greifen kann, fordert der dezente Lärm von "Still not home" zum Linedance auf. Merritt biedert sich den Hutträgern keineswegs an, aber kuscheln dürfen auch sie mal - egal, ob zum streicherschwangeren Country-Soul von "Small talk relations" oder zum hüpfenden Honkytonk "In the way". Mit den elf kunstvollen Songs von "Traveling alone" knüpft sie an den Zauber an, den "Bramble rose" schon vor zehn Jahren verströmte.

Statt aber die üblichen Nashville-Eitelkeiten zu pflegen, spielt Merritt ihre Stärken mit selbstbewusstem Understatement aus. Immer wieder erlaubt sie ihren Songs charmante Details. Ihre Band greift das Thema des Albums auf und kommt und geht stets zur rechten Zeit. Die subtil nörgelnden Gitarren von "To myself" würden auch Wilco gefallen, und der zerfransende 6/8-Takt des abschließenden "Marks" lädt zum gemeinschaftlichen Luftanhalten ein. In "Drifted apart" beklagt Merritt gemeinsam mit Andrew Bird die ewigen Trennungen, und Bird nutzt die Gelegenheit für eine beeindruckende Roy-Orbison-Impersonation. Besonders ans Herz geht jedoch "Spring", das über verflossene Liebschaften und rätselhafte Gefühle in molliges Grübeln kommt. Aus all diesen Wunden und Verletzungen zieht Merritt trotzige Kraft: "But it's worth it." Sie kennt sich aus. Jedem Abschied wohnt ein Zauber inne.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • Traveling alone
  • Spring
  • To myself
  • Marks

Tracklist

  1. Traveling alone
  2. Sweet spot
  3. Drifted apart
  4. Still not home
  5. Feeling of beauty
  6. Too soon to go
  7. Small talk relations
  8. Spring
  9. To myself
  10. In the way
  11. Marks

Gesamtspielzeit: 44:29 min.

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