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Seether - Holding onto strings better left to fray

Seether- Holding onto strings better left to fray

Wind Up / EMI
VÖ: 13.05.2011

Unsere Bewertung: 2/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Das Gegenteil von Musik

Es ist kaum zu bemessen, was Chad Kroeger der modernen Rockmusik angetan hat. In einem Akt alchimistischen Zufalls stieß der Gitarrist und Sänger der kanadischen Problem-Band Nickelback als eine Art erfolgreicherer Gargamel des Neo-Grunge zu Beginn des letzten Jahrzehnts auf die ultimative Formel für nordamerikanischen Formatradio-Rock. Statt Schlümpfen musste Kroeger Gitarrenmusik mit Gehalt und Relevanz das Leben aushauchen, das Ergebnis war jedoch in beiden Fällen gleich: Gold, wenn auch musikalisch in Schallplatten- statt Barrenform. Von dem dann auch die südafrikanischen Neo-Grunge-Epigonen Seether mit ihrem gleich doppelt veröffentlichten Debüt "Disclaimer" und den beiden Nachfolge-Alben ihren Anteil einheimsten.

Mit ihrem nunmehr vierten Machwerk "Holding onto strings better left to fray" scheinen Seether noch einmal forcieren zu wollen, was sich eigentlich kaum noch weiter forcieren lässt: die endlose Wiederholung der immer gleichen, immer leeren Songhüllen, die mit Rockmusik vor allem insofern zutun haben, als Radiomoderatoren sie so bezeichnen und Radiohörer sie im gesendeten Einheitsbrei nicht bemerken. Das Album schafft das Kunststück, noch glatter als seine auch nicht eben fordernden Vorgänger zu sein. Sänger Shaun Morgan imitiert zwar weiterhin bei jeder unpassenden Gelegenheit Tools Maynard James Keenan, die Metal-Anleihen und überhaupt alle verbliebenen Reste an Ecken und Kanten der Band sind aber fast komplett einer Ehrfurcht einflößenden Nickelbackisierung gewichen.

Dass Seether wie auch Staind oder Puddle Of Mudd mittlerweile in erster Linie Produktmanager und Cash-Flow-Regisseure in eigener Sache sind, die ihr spärliches musikalisches Kapital immer wieder reinvestieren, ist bekannt. "Holding onto strings better left to fray" aber ist größtenteils derart einfallslos nach Schablone gearbeitet, dass man sich fragt, ob Produzenten-Koryphäe Brendan O'Brien in diesem banalen Album mehr als einen Brot-Job gesehen haben kann. "Fade out" beispielsweise ist musikalisch von einer derart blutleeren, dreisten Faulheit, dass man sich als Hörer auch nicht groß wundern würde, wenn die Band im Song eine kurze Pause einlegen würde, um schnell den eigenen Kontostand zu checken. Und jeder, der meint, bei dem grauenvoll käsigen Balladenkitsch von "Pass slowly" auch nur irgendetwas zu spüren, sollte sich dringend auf chronischen Zynismus hin durchchecken lassen.

"You stole my dreams / Without reason or compromise / Now all I believe is dead inside" - die Zeile aus "Master of disaster" beschreibt sehr schön, was "Holding onto strings better left to fray" mit Rockmusik im Allgemeinen und dem arglosen Hörer im Speziellen macht, und präsentiert gleichzeitig die gähnende Inhaltsleere und den aufgeblähten, einfältigen Baukasten-Gefühlskitsch, mit dem Seether sich bis zur Besinnungslosigkeit um Markttauglichkeit bemühen. Das Album ist in jeder Hinsicht von einer so desinteressierten, hochprofessionell in Szene gesetzten Schlichtheit, dass man Seether vermutlich nachts um drei Uhr wachrütteln und in ein Studio schleifen könnte, und die Band würde sich wohl nur kurz den Schlaf aus den Augen wischen und anschließend ungerührt eine Platte wie "Holding onto strings better left to fray" einspielen. Je nach Einschätzung der Absichten der Band bieten sich hier nur zwei Reaktionen an: Zorn oder Mitleid. Musik für Leute, die keine Musik mögen.

(Dennis Drögemüller)

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Highlights

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Tracklist

  1. Fur cue
  2. No resolution
  3. Here and now
  4. Country song
  5. Master of disaster
  6. Tonight
  7. Pass slowly
  8. Fade out
  9. Roses
  10. Down
  11. Desire for need
  12. Forsaken

Gesamtspielzeit: 46:16 min.

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