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Atari Teenage Riot - Is this hyperreal?

Atari Teenage Riot- Is this hyperreal?

Digital Hardcore / Rough Trade
VÖ: 17.06.2011

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Denial of service

Alec Empire schaut sich die Welt genau an. Er hat beobachtet, wie der angebliche Antiterrorkampf Bürgerrechte aushöhlte und der Überwachungsstaat immer weiter um sich griff. Genau davor hatte er doch immer gewarnt. Damals hatte er die nationalbesoffenen Neunziger mit dem brutalem Techno, digitalem Punk und angefressenem Geschrei von Atari Teenage Riot aufgemischt, um die Weltrevolution voranzubringen. Statt aber dem gerechten Aufruhr der Massen zujubeln zu können, mussten seine lärmenden Anarchisten zum Ende des Jahrzehnts erleben, dass eine "linke" Regierung die Bombadierung Serbiens unterstützte. Kurz danach zog er den Stecker.

Nicht nur die Umstürze in der arabischen Welt haben Empire jetzt aber die Zuversicht zurückgegeben, dass seine politische Mission doch nicht vergebens ist. So günstig war das Klima für politische Agitatoren nicht mehr seit dem Fall der Mauer: Wutbürger protestieren on- und offline gegen Unterdrückung, Ausbeutung und Kapitalismus. Diktaturen stürzen, Freiherren stolpern, Bahnhöfe wanken. "Revolution has been activated." Also trommelte Empire elf Jahre nach dem Split das antifaschistische Vehikel Atari Teenage Riot wieder zusammen, um auf "Is this hyperreal?" wieder feurige Riffs und digitalen Donnerhall kollidieren zu lassen. Zwar muss ATR 2.0 ohne Hanin Elias und den 2001 verstorbenen Carl Crack auskommen. Zusammen mit Frischling CX KiDTRONiK bläst aber gleich der Opener "Activate!" mächtig Alarm. "Music is a weapon" - und klingt auch so. Also bollern Analogbässe und Digitalgitarren um die Wette, während ohnehin schon hyperaktive Plastikbeats Amok laufen. Jeder, der sich ein Megaphon greifen kann, brüllt Parolen ins Getümmel. "Too much government control." Gegen diesen Lärm machen The Prodigy Wiegenlieder.

Auch die Single "Blood in my eyes" macht keine Gefangenen, sondern verschreckt die schwirrenden Synthesizer mit Geschrei, Laserfeuer und Stalinorgel. "Black flags" surrt seine Grußadresse an die Netz-Aktivisten von Anonymous fast schon gemächlich vorwärts, bis der Refrain Rage Against The Machine eine digitale Schwester verpasst. Nic Endo und Empire plärren dazu echauffierte Parolen von Klassenkrieg und Korruption: "What they call law is used to restrain us ordinary citizens who are opposed to this." Doch der Zorn braucht nicht nur Tempo. Zum zähflüssigen Geblubber des Titelstücks überfällt Empire den Reichstag und verhaftet die korrupten Parlamentarier: "Die Ära der Ausbeutung ist vorbei." Mehr als drei Akkorde und Che Guevaras Buch vom Partisanenkrieg braucht hier niemand.

Atari Teenage Riot haben sich nur personell verändert; Sounds und Aggression haben noch immer die gleiche Wucht: "Codebreaker" zeigt, dass Thunderdome-Gabber und Hardcore-Punk das gleiche Aggressionspotential haben. Während zitternde Bleeps das brodelnde "Digital decay" unterminieren, prophezeit Endo der digitalisierten Gesellschaft düstere Aussichten. Dennoch macht es dem Dreier großen Spaß, bei "The only slight glimmer of hope" und "Collapse of history" mit dem hyperaktiven Geklöppel des Drumcomputers auf 8-Bit-Sounds und Kaugummi-House einzuschlagen. They are Atari Teenage Riot. They do not forgive. They do not forget. Yippie yippie yeah!

(Oliver Ding)

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Highlights

  • Blood in my eyes
  • Black flags
  • The only slight glimmer of hope
  • Collapse of history

Tracklist

  1. Activate!
  2. Blood in my eyes
  3. Black flags
  4. Is this hyperreal?
  5. Codebreaker
  6. Shadow identity
  7. Re-arrange your synapses
  8. Digital decay
  9. The only slight glimmer of hope
  10. Collapse of history

Gesamtspielzeit: 43:08 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Texture
2011-08-17 10:07:41 Uhr
Nun, die Scheibe ist nicht schlecht. Kommt an 60 seconds wipe out nicht ran. Ist nicht mehr so laut, brutal, noiselastig. Klingt alles irgendwie erwachsener.

Und trotzdem im heutigen Kontext ist die Scheibe durchaus noch sehr wegweisend, und zeigt das es noch Künstler gibt die gewillt sind kritisch zu sein.

7/10

2011-05-25 00:13:23 Uhr
Ach keine Ahnung ich finds grade einfach nur scheiße. In Wahrheit ist es nur Lärm, aber ich weiß, vor 10 Jahren hätte ich das anders empfunden. Vielleicht weil ich cooler war als jetzt. Aber hilft ja alles nix.
mechanic descructive commando
2011-05-25 00:13:15 Uhr
ist der titel unter umständen eine homage an den wipers-klassiker?
shomo
2011-05-25 00:04:01 Uhr
naja, 60swo würde heute vermutlich auch noch ein paar köpfe drehen. aber an die scheibe reicht die neue auch nicht ran

2011-05-25 00:00:48 Uhr
Ich finds krass, wie man vor zehn Jahren diese Musik so weltbewegend finden konnte ... und jetzt ist es nur ein Sturm im Wasserglas maximal. Aber das nennt man wohl Erwachsenwerden.
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