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R.E.M. - Collapse into now

R.E.M.- Collapse into now

Warner
VÖ: 04.03.2011

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Der goldene Herbst

"The Velvet Underground", denkt man noch. Dann kommt Michael Stipe um die Ecke und singt irgendwas von den Unzulänglichkeiten der Liebe. Das hypnotische Intro von "Discoverer" sind die aussichtsreichsten ersten zwanzig Sekunden der gesamten R.E.M.-Diskographie. Und das schönste daran ist, dass das Album mit dem gleichen verstörenden Gitarren-Riff beendet wird. Passend ist der Albumtitel, der zwar von Patti Smith ins Rennen geschickt wurde, aber das gesamte Spektrum der Band-Philosophie umspannt. Man könnte es Konzept nennen, was R.E.M. auf ihrem fünfzehnten Studioalbum betreiben. Doch ist es eigentlich viel einfacher: R.E.M. melden sich mit ihrem besten Album seit "Automatic for the people" zurück.

War der Vorgänger "Accelerate" ein stürmischer Klotz, ein wütender Aufschrei, ist "Collapse into now" vielschichtiger, größer, umarmender. Da wird die Mandoline wieder ausgepackt, da wird das Schlagzeug gestreichelt und eine Ballade angetäuscht, wie es nur R.E.M. können. Patti Smith erhebt wieder ihre Stimme, Joel Gibb von den Hidden Cameras, Peaches und auch Stipe-Kumpel Eddie Vedder macht ebenfalls mit. Ein Großteil der Songs wurde in Berlin geschrieben und aufgenommen. Damit reiht sich die Band zwischen Lou Reed und David Bowie ein und will das auch so verstanden wissen. Ein bisschen Wichtigtuerei sei gestattet, zumal es ja auch stimmt.

Für den Hörer ist das vor allem deswegen wichtig, weil einer der besten R.E.M.-Songs der jüngeren Geschichte nach der deutschen Hauptstadt benannt wurde. "ÜBerlin" ist eine kleine, melancholische Betrachtung über den immer wiederkehrenden Alltag, die Trostlosigkeit. Die Gitarre klimpert, Stipe singt ergreifend. Zu diesem Song tanzt man nachts mit einem Glas Rotwein in der Hand, allein. Aber auch solch imposante Folk-Momente wie "Oh my heart" sind dem Trio schon lange nicht mehr in solcher Intensivität geglückt. Da klingt die Mandoline in bester "Losing my religion"-Tradition und beweist: R.E.M. können noch immer jeden Raum mit Licht füllen.

Die lauten, polternden Songs stehen der Eindrücklichkeit der folkloristischeren Nummern in nichts nach. Mit dem Opener "Discoverer" wütet die Band, spuckt Hohn und Spott und ruht in mitten dieses heraufbeschworenen Sturms dennoch ganz in sich selbst. Das klingt nicht abgeklärt, sondern erzürnt. Da lärmt das Schlagzeug, da dröhnt der Bass, und Stipe gibt seiner Stimme die Sporen. Der goldene Abschluss "Blue" ist gar eine wahrliche Blaupause. Eine mäandernde Soundschleife formt sich aus einem kleinen Fragment, Stipe setzt zur Rezitation an, bis sich die betörende Stimme von Patti Smith erhebt. Und plötzlich taucht das Intro des Albums wieder auf. Langsam versteht man.

"Collapse into now" ist ein beeindruckendes Album ohne Schwächen. Kaum mausert sich einer dieser zwölf Songs zu einem heimlichen Lieblingslied, schon klopft der nächste an. Während man noch dem Gedanken nachhängt, es sei die Zusammenstellung dieser Platte, die so süchtig macht, merkt man, dass es das gesamte Album ist, das einen durch den Tag trägt. Es ist die wärmende, strahlende Atmosphäre, die man einatmet wie Luft, die Lachen auf das Gesicht zaubert. Mit ihrem fünfzehnten Album haben R.E.M. ein außerordentliches Spätwerk abgeliefert. Was für ein feierlicher Moment!

(Christian Preußer)

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Highlights

  • Discoverer
  • ÜBerlin
  • Oh my heart
  • Every day is yours to win
  • Blue

Tracklist

  1. Discoverer
  2. All the best
  3. ÜBerlin
  4. Oh my heart
  5. It happened today
  6. Every day is yours to win
  7. Mine smell like honey
  8. Walk it back
  9. Alligator_aviator_autopilot_antimatter
  10. That someone is you
  11. Me, Marlon Brando, Marlon Brando and I
  12. Blue

Gesamtspielzeit: 41:07 min.

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User Beitrag

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19949

Registriert seit 10.09.2013

2020-04-16 22:16:38 Uhr
Für mich auf jeden Fall ihr bestes seit "Up" trotz einiger schwächerer Songs. Wie du es schön beschreibst, ein sehr gelungener Rundumschlag und dementsprechend ein würdiger Abschluss. "ÜBerlin" und "Blue" sind Karriere-Highlights.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31725

Registriert seit 07.06.2013

2020-04-16 21:08:19 Uhr
"Collape Into Now": Wie der Biographie zu entnehmen wussten die drei Mitglieder wohl schon während der Aufnahmen, dass es das letzte Album werden würde, auch wenn sie die "Mitarbeiter" noch nicht direkt informiert hatten (und die Öffentlichkeit es tatsächlich erst nach dem Release erfahren würde). Daher wohl auch der Album-Charakter eines BestOfs mit neuen Songs. Hier sind quasi alle Phasen mal vereint. Und auch so mancher Text (besonders "All the best") offenbart, wie sehr das Album Rückblick und Abschied zugleich ist.
Beim Wiederhören in den letzten Tagen hat mich das Album wieder richtig bekommen, obwohl ich als vergleichsweise schwach in Sachen Songwriting abgespeichert hatte. Und ja, es ist sicherlich nicht ihr bestes. Die "Rocker" gelangen ihn bspw. auf dem Vorgänger allesamt besser ("Alligator" wäre ohne die hier grandiose Peaches z.B. ein recht schwacher Song). Trotzdem strahlt es die liebgewonnene R.E.M.-Wärme aus und entwickelt sich gerade bei schönen Wetter für mich zu einem tollen Album.
"ÜBerlin" und "Oh my heart" sind so herrlich "herzlich" und auch "Walk it back" hat sich bei mir zu einem Highlight gemausert. Und ja, ich mag auch "It happened today", so uncool dieser Song auch ist... aber er berührt mich eben trotzdem und macht an einem Sommertag doch ziemlich shiny happy. Und viel schöner als mit "Blue" kann man keine Karriere beenden (außer natürlich mit "We all go back to where we belong", der allerletzten Single).
"Collapse Into Now" ist kein Meistwerk, aber ein wunderbares Abschiedsalbum, dass noch einmal alle Facetten der Band zeigt und vor allem deren Seele.

Huhn vom Hof

Postings: 5736

Registriert seit 14.06.2013

2015-04-02 09:09:21 Uhr
Bestes Album seit "Up".

01. Discoverer 10/10
02. All The Best 7/10
03. Überlin 9/10
04. Oh My Heart 8/10
05. It Happened Today 6/10
06. Every Day Is Yours To Win 6/10
07. Mine Smell Like Honey 8/10
08. Walk It Back 9/10
09. Alligator_Aviator_Autopilot_Antimatter 8/10
10. That Someone Is You 7/10
11. Me, Marlon Brando, Marlon Brando And I 8/10
12. Blue 10/10

Wenn Patti Smith dabei ist, sind R.E.M. noch genialischer.

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19949

Registriert seit 10.09.2013

2015-04-01 19:43:04 Uhr
01. Discoverer 9/10
02. All The Best 9/10
03. Überlin 10/10
04. Oh My Heart 8/10
05. It Happened Today 5/10
06. Every Day Is Yours To Win 7/10
07. Mine Smell Like Honey 9/10
08. Walk It Back 7/10
09. Alligator 9/10
10. That Someone Is You 7/10
11. Marlon Brando 6/10
12. Blue 10/10

8/10 gesamt.

Ilu

Postings: 308

Registriert seit 13.06.2013

2015-04-01 14:19:51 Uhr
Als alter R.E.M.-Nerd höre ich die Platte auch immer noch alle paar Monate. Im Mittelteil ist sie aber zugegebenermaßen nicht ganz konsistent.

01. Discoverer 8/10
02. All The Best 10/10
03. Überlin 8/10
04. Oh My Heart 6/10
05. It Happened Today 7/10
06. Every Day Is Yours To Win 5/10
07. Mine Smell Like Honey 8/10
08. Walk It Back 6/10
09. Alligator_Aviator_Autopilot_Antimatter 6/10
10. That Someone Is You 6/10
11. Me, Marlon Brando, Marlon Brando And I 8/10
12. Blue 9/10
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