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The Twilight Singers - Dynamite steps

The Twilight Singers- Dynamite steps

Sub Pop / Cargo
VÖ: 18.02.2011

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

King of fire

Es gibt Stimmen, die schlichtweg nie aus der Mode kommen. Die mit Leben vollgesogen sind wie sonst nur Lebern mit Alkohol, Magenwände mit Salzsäure und eine Mittelklasse-Comedy mit sexuellen Anspielungen. Und die im Grunde bereits pulsieren, noch bevor überhaupt Atem geholt wird. Greg Dulli - wer wollte es bestreiten? - besitzt nicht nur eine solche Stimme, sondern er schafft es auch, sich von ihr besessen zu zeigen. Zwischen manischem Sextroll und manischem Schwarzseher ist sie das energetische Relais, das zwischen den Zuständen nicht minder manisch hin und her schaltet. Das ist Dulli, wenn er fröhlich ist. Das ist Dulli, wenn er traurig ist. Hören sie einen Unterschied? "Nein, gibt es denn einen?"

Selbstverständlich nicht. Umso erstaunlicher ist, dass sich an der Größe und Ausdrucksfähigkeit seiner Stimme im Laufe der Jahre rein gar nichts geändert hat. Für die Aufnahmen von "Dynamite steps", das fünfte Album der Twilight Singers, trug Dulli sie an verschiedene Orte, die ihm einst Glück und Elend bescherten - zumeist, so lässt sich vermuten, an ein und derselben Stelle zu ein und derselben Zeit. Dass es sich hierbei längst nicht mehr nur um allzu Persönliches handelt, ist, wie immer, egal. Denn Dulli gibt all dem Persönlichkeit.

Die übergroßen Melodien heben sich "Waves" oder "Gunshots" dabei für die Schlusssätze auf. Wie Dullis Stimme hier, von mehrstimmigen Chorälen unterlegt, aus den Songs zu fliehen scheint, beinahe über sich selbst stolpert, letztlich aber eine brennende Klimax herbeiführt - das ist genau die Form von Eskapismus, die stets auch als hoffnungsvolles Versprechen in all den kleinen und großen Dramen dieser Musik aufscheint. Eine Utopie, die nach all dem Dreck und all der Depression allein aus der Kraft dieser Stimme heraus überhaupt gelingen kann. Wenn er auch die Welt nach wie vor kaum versteht, seine Stimmbänder beherrschte Dulli schon immer auf genau diese Weise. Ein weiteres Spannungsfeld, das erst einmal kontrolliert werden will.

"Dynamite steps" wirft nun einen weiteren Knüppel dazwischen, indem es seine Arrangements derart nahe ans Pop-Format bringt wie seit Afghan Whigs "1965" nicht mehr. Zugleich aber lässt es wieder mehr Groove zu, mehr Schwärze, mehr Uptempo und durchaus auch mehr Rock. Der Soul wird somit weiter abgedrängt, beziehungsweise verlagert sich noch mehr auf Dullis Stimme. Umzingelt von lauter Drei-Minütern, muss sie etwa die bündigen Klavierdreiklänge von "She was stolen" gleich mit dem ersten Atemzug dramatisch überrumpeln. Aber auch hier wird die Spannung bis zum Schluss gehalten, keineswegs Pulver vorschnell verschossen.

Wie überall auf "Dynamite steps": Der tiggernde Funk-Takt oder die Wah-Wah-Fuzz-Attacken von "Last night in town" und "On the corner"; die überall in wahrlich bündigen Arrangements durch den Hintergrund wehenden Streicher; gleich zehn Säcke voller Melodien, gespielt in harmonischem Gleichmaß und mit melancholischer Präzision; und natürlich die üblichen gastsingenden Dauerbrenner von Ani DiFranco bis Mark Lanegan: All das gibt durchaus einen flammenden Puls - kann aber auch gar nicht derart hell erstrahlen, dass es das Fegefeuer aus Dullis Brustkasten in den Schatten stellen würde. Das ist Dulli, wenn er Herzen bricht.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Waves
  • On the corner
  • Gunshots
  • The beginning of the end

Tracklist

  1. Last night in town
  2. Be invented
  3. Waves
  4. Get lucky
  5. On the corner
  6. Gunshots
  7. She was stolen
  8. Blackbird and the fox
  9. Never seen no devil
  10. The beginning of the end
  11. Dynamite steps

Gesamtspielzeit: 43:04 min.

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