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Drive-By Truckers - Go-go boots

Drive-By Truckers- Go-go boots

PIAS / Rough Trade
VÖ: 11.02.2011

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Stehen ihnen gut

Es kommt nicht darauf an, wie dick ein Buch ist, sondern wie gut die Geschichte darin ist. Novellen können sich wie Erdbeerkaugummi in die Länge ziehen und ziegelsteinschwere Schinken wie im Flug ausgelesen sein. Es kommt auch nicht darauf an, wie viele Spezialeffekte ein Film hat, sondern wie gut die Geschichte ist, die er erzählt. "Star Wars"-Prequels, anyone? Kann man also auch darauf schließen, dass es nicht darauf ankommt, wie ausgefeilt ein Song ist, sondern wie gut die Geschichte ist, die er erzählt? Wahrscheinlich nicht unbedingt, aber die Drive-By Truckers haben auf "Go-go boots" ein paar ein paar verdammt gute Argumente dabei, warum ausgefeilte Texte großartige Songs noch besser machen.

Wie, um ihrem Ansinnen noch zusätzlich Nachdruck zu verleihen, ist die Musik auf dem neunten Album der Südstaaten-Rocker so zurückhaltend wie nie zuvor. Nicht, dass hier nur die Akustische und vorsichtige Pianoklänge zu hören wären, aber Oropax braucht niemand für "Go-go boots". Zwischen Country, Blues, Folk und ein wenig Heartland Rock oszillieren die 14 Songs. Patterson Hood und seine fünf Mitmusiker schaffen es meisterlich, trotz aller sinisteren, beängstigenden und düsteren Stories immer ein wenig Hoffnung auf die Sonnenstrahlen des kommenden Tages zu werfen.

Da ist der herzerwärmende Blues von "Ray’s automatic weapon", in dem Hood mit seiner tiefen Erzählerstimme die Ängste eines alten Mannes beschreibt, der eine Waffe für einen Freund aufbewahrt, und dem die eigene Obsession mit dem Gewehr langsam unheimlich wird. Nicht weniger einfühlsam ist der Roadtrip-Country "Pulaski", in dem Gitarrist Mike Cooley mit breitem Südstaaten-Akzent und weich gezupfter Gitarre die Geschichte eines Mädchens aus Pulaski, Tennessee erzählt, das erkennen muss, dass Kalifornien nicht der Himmel ist, den sie aus dem Fernsehen kennt.

Herzstück von "Go-go boots" sind die beiden überlangen Stücke "Used to be a cop" und "The fireplace poker", klassisch amerikanische Short Stories über gescheiterte Polizisten und verbrecherische Priester. "Police academy gave me the only thing I was ever good at / But my temper and the shakes / And they took that thing away", heißt es in ersterem mit katastrophischer Resignation. Die Exfrau hat jeden Cent bekommen, es bleiben nur der Alkohol und nächtliche Besuche im Garten des Hauses, das ihm einmal gehört hat. Genauso eindringlich ist "The fireplace poker", ein akustischer Film noir über einen Priester, der seine Frau ermorden lässt, weil eine Scheidung aus religiösen Gründen für ihn nicht in Frage kommt.

Die Drive-By Truckers beschreiben all diese kleinen und großen Tragödien plastisch, aber mit ironischer Distanz. Dazu illustrieren Slidegitarren, Blueslicks und synkopiert-jazzige Rhythmen diese dunklen Kapitel des amerikanischen Traums und nicht minder amerikanischen Südens. Zurückgelehnter und zurückhaltender als je zuvor, steht die Musik so nur oberflächlich hinter den einnehmenden Texten zurück, sondern geht mit ihnen eine Symbiose ein, wie es nur selten der Fall ist. So werden großartige Songs zu einzigartigen.

(Maik Maerten)

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Highlights

  • Ray's automatic weapon
  • Used to be a cop
  • The Thanksgiving filter
  • Pulaski

Tracklist

  1. I do believe
  2. Go-go boots
  3. Dancin' Ricky
  4. Cartoon gold
  5. Ray's automatic weapon
  6. Everybody needs love
  7. Assholes
  8. The weakest man
  9. Used to be a cop
  10. The fireplace poker
  11. Where's Eddie
  12. The Thanksgiving filter
  13. Pulaski
  14. Mercy Buckets

Gesamtspielzeit: 66:24 min.

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