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Ramona Falls - Intuit

Ramona Falls- Intuit

Souterrain Transmissions / Barsuk / Rough Trade
VÖ: 21.08.2009

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Der reine Klang

Brent Knopfs Hauptband Menomena ist mit unheilbarem Spieltrieb infiziert. Jeder will mit jedem Spielzeug gleichzeitig hantieren. Gut, dass sie nur zu dritt sind, das sortiert das zwangsläufige Durcheinander ein wenig. Dem Indierock auf "Friend or foe?" wurde es zwischendurch ein wenig schwindelig. Nicht auszudenken, was ohne Nebenprojekte wie Lacktherof oder Faux Hoax noch so alles auf die Songs einprasseln würde. Dabei handelt es sich dabei doch im Inneren eigentlich um handzahme Folksongs. Echt jetzt? Echt.

Was nämlich aus solchen Songs werden kann, wenn nur einer damit herumpuzzelt, hört man auf "Intuit". Knopf hatte schnell nach "Friend or foe?" wieder Lust auf Musik und war ganz fleißig, aber seine Kollegen waren mit den Gedanken noch nicht wieder ganz bei der Band-Sache. Also nahm Knopf die vielen schönen, neuen Liedchen mit, die er schon zusammengebastelt hatte, und lieh sich dafür den hübschen Bandnamen Ramona Falls von einem Wasserfall in Oregon aus. Ganz allein traute er sich aber dann doch nicht an seinen Laptop, wo sein Loop-Programm Deeler schon begierig auf neue Klänge wartete. Also lud Knopf gleich 35 Freunde ein, die sonst bei Bands wie The Helio Sequence, 31Knots, Shimmerplanet, Loch Lomond, Dat'r, Talkdemonic, Mirah oder Quasi spielen. Dass sich auch die südafrikanischen Dear Reader für Knopfs raffinierte Produktion von "Replace why with funny" tatkräftig bedanken, ist Ehrensache. Und sogar Menomenas Mit-Querdenker Danny Seim hatte plötzlich wieder Lust.

Natürlich muss da eine ordnende Hand her. Knopfs große Kunst zeigt sich auf "Intuit" nun besonders darin, dass Songs wie die eröffnende Zärtlichkeit "Melectric", das nervöse Knarren von "Always right" oder das Wippen von "Bellyfulla" trotz der vielen Gäste stets handverlesen und zerbrechlich klingen. Er spielt mit zahllosen kleinen Versatzstücken, die in den fein ziselierten Texturen aufgehen und beizeiten sogar mal kurzen Bombast erlauben. Dennoch bleibt Platz für Emotionen, und die stecken reichlich in den molligen Harmoniebögen und verzagten Akkordführungen. Unter allen niemals kompliziert wirkenden Ideen, die auf die Lieder eintropfen und mit ihnen im Hall baden, werden wunderbare Melodien erkennbar.

Das treibende Getöse der Single "I say fever" durchlebt Aufruhr, Zweifel, Zorn und Zuversicht und transzendiert einen Led-Zep-Rocker mit den Mitteln des Folk zum Funk. Da muss ausgerechnet Kanye West auf das finstere Scherenschnitt-Video steil gehen. Das sanft streichende "Clover" hat noch so viel mehr zu bieten als zitternde Gitarren, zwitschernde Streicher und ätherischen Chorgesang, und "Going once, going twice" berührt mit schlichter Entrücktheit die Seele. An Knopfs einfühlsamem Gesang schweben die Arrangements vorbei wie Sternenstaub. Besonders großartig ist "Russia", in dem das Pizzicato der Geigen durchs Echo perlt, ein knitteriger Groove einsetzt und durch behutsame Steigerungen eine bedrohliche Stimmung immer manifester wird. Man könnte beinahe Progrock dazu sagen - aber nur, wenn man diesen im Sinne von Grizzly Bear, Pedro The Lion oder Tiger Lou versteht.

Der Mut zur klanglichen Sorgfalt lässt es nicht zu, die Duchgeknalltheit von Menomena zu vermissen. "Intuit" fordert seine Hörer zu genüsslicher Aufmerksamkeit auf. Zwischen Klaviertupfern wie "The boy ant", zarten Folkintrospektionen wie "Diamond shovel" und trägen Ohrenschmeichlern wie "Salt sack" ist auf "Intuit" stets mit vielem zu rechnen. Von der sorgfältig unterwanderten Gefühlswallung bis hin zur erstickten Schönheit gelingt Ramona Falls alles. Vor allem der Beweis, dass sich selbst bizarre Strukturen und vertrackte Kompositionen als harmlose Folkakkorde entpuppen können.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • Melectric
  • Clover
  • I say fever
  • Russia
  • Going once, going twice

Tracklist

  1. Melectric
  2. I say fever
  3. Clover
  4. Russia
  5. Going once, going twice
  6. Salt sack
  7. Boy ant
  8. Always right
  9. The darkest day
  10. Bellyfulla
  11. Diamond shovel

Gesamtspielzeit: 42:50 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Dieter O'Maniac
2011-01-13 16:49:42 Uhr
Das darf doch wohl nicht wahr sein...ich finde ja, gerade die Ramona Falls-Platte zeigt, wie wichtig Brent für Menomena ist bzw. war. Absolute Hiobsbotschaft, dass der jetzt weg ist! Hoffentlich dürfen sie wenigstens sein Aufnahmeschneideprogrammdingens weiterbenutzen, aber deutliche Änderungen am Sound wirds wohl ohnehin geben, denke ich mal. Son Scheiß... :/

Bin auf jeden Fall auch sehr froh, Menomena im November noch live gesehen zu haben. Ob sie das alles ohne Brent noch so perfekt hinkriegen, bleibt abzuwarten.
Gordon Fraser
2011-01-13 16:29:27 Uhr
Der Auftakt dieser Platte ist atemberaubend.
umfall
2011-01-11 20:42:24 Uhr
*umfalls
mg.mt.
2011-01-11 20:21:50 Uhr
Bin da auch sehr froh, die Band in Berlin nochmal komplett gesehen zu haben. Seine Songs waren live definitiv besonders toll....

...aber mal ehrlich: Joe Haege wird seinen Platz sicherlich mehr als gut und kreativ ausfüllen!!
Einzelkind
2011-01-11 20:17:41 Uhr
Dann bin ja froh, Menomena noch in Stammbesetzung live gesehen zu haben. Echt Schade. Die drei unterschiedlichen Persönlichkeiten haben gerade den Charme der Band und ihrer Musik ausgemacht, aber das hat wohl auch zu den Spannungen geführt.
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