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Shantel - Planet Paprika

Shantel- Planet Paprika

Essay / Indigo
VÖ: 28.08.2009

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

An der schönen blauen Donau

Jaja, der Stepi. Ein Balkantyp wie aus dem Bilderbuch. Bärig, Zigarillos paffend und immer einen lockeren Spruch auf den Lippen. Bei der Eintracht aus Frankfurt und Fußballfans aus ganz Deutschland erarbeitete sich der Serbe Dragoslav Stepanovic auf diese Weise den Status eines Kulttrainers. Frankfurt ist auch die Heimatstadt von Stefan Hantel alias Shantel, der seit nunmehr sieben Jahren mit partyorientierten Balkan Beats vor allem in der Heimat seiner rumänisch-griechischen Großeltern Erfolge feiert. Angetreten ist Shantel mit seinem Bucovina Club Orkestar, das Klischee von der lustigen Bauernhochzeit zu verabschieden, wobei ihm 2007 mit "Disko Partizani" sogar ein Clubhit gelungen ist. Sein zweites Album "Planet Paprika" reitet weiter auf der Welle dieses eigenartigen Zwitters aus südosteuropäischer Folkloretradition und westeuropäischen Beat. Aber erweckt leider auch den Eindruck, dass sich hier einer ab und an selbst in den Fuß schießt.

Das Problem des Bukowina-Konzepts ist dabei nicht so sehr die Musik. Auch wenn Shantel wenig mehr macht, als die traditionellen Schemata mit einem in die Beine gehenden Humpa-Humpa-Humpa-Beat auf westeuropäische Clubtauglichkeit zu bürsten. Aber bei 100 Dezibel und 2 Promille fragt ohnehin kein Mensch nach Experimenten. Da reichen fröhliche Bläser, Bandoneon und eine gute Prise orientalische Verschnörkelung aus, damit sich das Partyvolk hüpfend und hüftschwingend auf dem fliegenden Teppich wähnt. Es hätte allerdings nicht geschadet, die Rauheit der Originale von den beiden "Bucovina Club"-Samplern stärker zu erhalten und gerade in Sachen Drumsounds aus der allzu großen Gleichförmigkeit auszubrechen.

Was einem aber bisweilen wirklich die Laune verdirbt, sind die strunzdämlichen Klischees, die Shantel an einigen Stellen überstrapaziert. Allen voran die grenzdebile Single "Citizen of planet Paprika" mit ihren Raps, die so schlecht sind wie der Marianengraben tief: "This planet is a mess / We had to interfere / Now we are here / So have no fear". Oder: "There’s a war in the East / A war in the West / There’s too much death / And too little sex". Garniert wird dieser Schwachsinn noch mit einem gekünstelten slawischen Akzent, bei dem im ZDF-Fernsehgarten schon die Rentner die Beckenprothese zur großen Schunkelsause mit den lustigen Zigeunermusikanten umschnallen. Vielleicht macht das mit einer Ladung Sliwowitz in der Birne jede Menge Laune - in nüchternem Zustand möchte man Shantel mitsamt Orchester dafür lieber in der schönen blauen Donau versenken.

Auch das Titelstück mit seiner schiebenden Bassline und den türkischen Pop-Ornamenten hätte gut ohne Sprechgesang über Gemüse leben können. Dass es auch mit weniger Nervpotenzial geht, beweisen das schnelle "Being authentic" oder das bereits bekannte "Bucovina", hier als "Bucovina original" mit Gesang vertreten. Und in der zweiten Albumhälfte orientiert sich Shantel dann mit "Eyes of mine" oder dem dubbigen, mit Autotune herumbastelnden "Binaz in dub" auch sprachlich stärker in Richtung Bosporus. Rund wird das alles aber auch damit nicht mehr. Dazu erzählt Shantel aller Exotik zum Trotz schlicht zu wenig Neues. Nichts, was auf den erwähnten Samplern und dem "Disko Partizani"-Album nicht schon dagewesen wäre. Nur dass auf dieser Platte mit dem Titeltrack ein waschechter Hit drauf war. Und wer die schon im Regal stehen hat, braucht "Planet Paprika" eigentlich nicht. Aber wie Stepi sagt: "Lebbe geht weider."

(Harald Jakobs)

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Highlights

  • Bucovina original
  • Being authentic
  • Binaz in dub

Tracklist

  1. Good night Amanes
  2. Planet Paprika
  3. Wandering stars
  4. Bucovina original
  5. Being authentic
  6. Citizen of Planet Paprika
  7. Sura ke mastura
  8. Usti, usti baba
  9. Eyes of mine
  10. Binaz in dub
  11. Beauties from Athina
  12. Ex oriente lux
  13. Good morning Amanes

Gesamtspielzeit: 47:43 min.

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