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Dream Theater - Black clouds & silver lining

Dream Theater- Black clouds & silver lining

Roadrunner / Warner
VÖ: 19.06.2009

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Länge läuft

Die hohe Kunst des Progressive Rock kennt üblicherweise zwei Disziplinen. Nummer 1: Das Konzeptalbum. Nummer 2: Der Longtrack. Ersteres zeichnet sich allzu oft durch verquaste Geschichtchen aus, denen außer den Verfassern niemand recht folgen kann (oder will). Bei letzterem neigen Bands gerne dazu, kürzere Songs per Riff zu verbinden und das ganze dann "Suite" oder ähnlich zu nennen. Beides gleichzeitig zu wollen, musste schon häufig mit der Höchststrafe belegt werden. Wenn nun Drummer Mike Portnoy in Vorabinterviews sagt, man habe ein Album nur mit "Epen" füllen wollen, zeugt dies also vor allem von jeder Menge Selbstbewusstsein.

Mindestens im Fall des Openers "A nightmare to remember" ist die Zuversicht aber durchaus begründet, sind hier doch bereits auf 15 Minuten alle Charakteristika eines Dream-Theater-Songs enthalten: Atmosphärische Parts werden von schwermetallischen Attacken abgelöst, grandiose Melodien wechseln sich mit wahnwitzigen Keyboard-Gitarre-Attacken ab. Wobei Puristen natürlich aufgrund eines kurzen Blastbeat-Parts mit brutalem Gebrülle von Portnoy schon jetzt Gift und Galle spucken dürfen.

Dennoch: Jeder einzelne Song hat bisweilen mehr Abwechslung als so manch ein Album des Backkatalogs. Kompromissloses Getrümmer der Marke "Train of thought" ist nun einmal nicht mehr angesagt. Zumal der Sound erheblich transparenter und wärmer als bei den letzten Alben war. Und, mal ehrlich, eigentlich kann man diesen furiosen Duellen zwischen Keyboarder Jordan Rudess und Gitarrist John Petrucci stundenlang zuhören.

Da ist dann auch das vermeintlich käsige "Wither" eben nur scheinbar unpassend. Ganz im Gegenteil, bildet es doch im Album-Kontext eine beruhigende Überleitung zu "The shattered fortress", dem furiosen Finale von Portnoys mittlerweile einstündigem Alcoholics-Anonymous-Zyklus. Wenn man Dream Theater eines theoretisch vorwerfen könnte, dann wäre es der Umstand, dass Hörer mit zu geringer Aufmerksamkeitsspanne einfach nicht mehr imstande sind, den vierten Song mit mehr als 15 Minuten Länge zu erfassen.

Die große Kunst an "Black clouds & silver lining" ist, dass die Songs eben nicht um der reinen Länge Willen gestreckt wurden oder gar als Plattform für selbstverliebtes Gefrickel der Marke The Flower Kings oder The Mars Volta herhalten müssen. Vielmehr schaffen es Dream Theater tatsächlich, zu Tränen rührende Geschichten wie "The best of times", auf dem Portnoy seines unlängst verstorbenen Vaters gedenkt, völlig unprätentiös mit abgepfiffen Erzählungen wie "The count of Tuscany" zu verknüpfen. Ein gewagtes Experiment, was aber zweifelsohne gelingt. Mehr noch: Mit der wieder gefundenen Ausgewogenheit haben die New Yorker ein Album erschaffen, was mit Göttergaben wie "Awake" und "Scenes from a memory" in einem Atemzug genannt werden darf. Auch wenn man dafür einen langen Atem braucht.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • The shattered fortress
  • The count of Tuscany

Tracklist

  1. A nightmare to remember
  2. A rite of passage
  3. Wither
  4. The shattered fortress
  5. The best of times
  6. The count of Tuscany

Gesamtspielzeit: 75:27 min.

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