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Miss Kittin - Batbox

Miss Kittin- Batbox

Nobody's Bizzness / Groove Attack
VÖ: 01.02.2008

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Zuhause bei Graf Zahl

Erinnert sich noch jemand an Graf Zahl alias Count von Count? Diesen Monokel tragenden, distinguierten älteren Herrn aus der Sesamstraße, der alles und jeden durchzählen musste? Wie es sich für einen Vampir gehörte, wohnte er in einem modrigen alten Schloss voller Spinnweben und Fledermäuse mit knarzenden Türen und Geheimgängen. Und wenn mal wieder alles ab-, durch- und zusammengezählt war, verfiel er in ein irres Lachen, untermalt von triumphalem Blitz und Donner. Näheres über die Wohnsituation von Miss Kittin herauszufinden war leider in der Kürze der Zeit nicht möglich. Aus Siebenbürgen kommt sie jedenfalls nicht, und sie scheint auch nicht in Holzsärgen oder kopfüber von der Decke herunterhängend zu schlafen. Allerdings ist die Grande Dame des Electro von Berlin nach Paris gezogen – und gibt sich auf "Batbox" um einiges aufgeräumter, abgeklärter und sortierwütiger als noch auf ihrem Debütalbum "I com".

Stolzierte Miss Kittin seinerzeit auf fetten Modeselektor-Bollerbässen daher oder springteufelte görenhaft aufgedreht durch die Straßen Berlins, so schaltet sie diesmal einen Gang zurück. Zwar gab es auch auf "I com" längere Strecken der Ruhe, aber "Batbox" wirkt doch insgesamt gedämpfter in den Sounds und springt den Hörer weniger direkt an. Zudem gibt Caroline Hervé ihrer Stimme mehr Raum. Das allerdings ist nicht in jedem Fall ein Gütesiegel, denn sie kann zwar mit französischem Akzent sexuell-kühl schnurren, Singen aber ist nicht unbedingt ihr Ding. Wenn sie es bei ruhigeren Stücken wie "Play me a tape" und "Wash n dry" dann doch versucht, erfordert das eine gewisse Langmut auf Seiten des Hörers. Glücklicherweise bleiben aber diese Momente auf "Batbox" selten.

Den Auftakt zum Album macht "Kittin is high" mit stampfendem Electrohouse, der sich zugleich sehr viel melodischer zeigt als die mit radiountauglichen Störsounds angefüllten Clubhits auf "I com". Der noch poppigere Titelsong macht anschließend klar, dass Miss Kittin diesmal mehr Songs machen will als Tracks - was ihr auch mehr als einmal mit Erfolg gelingt. So pluckert bei "Grace" der Bass wie beim französischen Kollegen Colder und wird zeitgleich von messerscharfen Handclaps seziert. Nach dem lässig schleppenden "Solidasarockstar" packt Kittin dann in "Barefoot tonight" das einzige Mal die stumpfe Bassdrum aus: "Ready to kick some ass / Barefoot tonight". Im Mittelteil wird es dann etwas ruhiger, bis das deep-pumpende "Metalhead" rechtzeitig mit der Kreissäge den Ast absägt, auf dem Kittin ihr "Wash n dry" kräht wie ein identitätsgestörter Gänsegeier, der sich für eine Nachtigall hält. Das cool groovende "Machine joy" kehrt anschließend mit Schnatterbass schnell noch die Späne dieses einzigen Ausrutschers weg.

Von den Tagen eines "1982", damals gemeinsam mit ihrem Produzenten The Hacker aufgenommen, hat sich Miss Kittin mit "Batbox" sehr weit entfernt. Natürlich ist das noch Electro, aber das minimalistisch-roboterhafte ist ebenso aus den Songs gewichen wie die schnoddrige Note von "I com". Man könnte ihr vorwerfen, "Batbox" atme schon etwas zu viel Popappeal und zu wenig elektroide Kälte. Diese Rohheit musste in der Tat einer eher draculösen Atmosphäre weichen. Aber aus Kätzchen in Krankenschwestermontur und Latex werden nun einmal irgendwann erwachsene Katzen, die nicht mehr in heruntergekommenen Berliner Betonbunkern frieren möchten, sondern lieber über die Champs Élysées flanieren. Solange Hervé dort ebenso stilvolle wie abwechslungsreiche Beats und Sounds auffährt, darf sie gerne auch die relaxter gestimmte Club-Fledermaus geben. Schließlich bringt keiner Statements wie "Frenchies do it better" beiläufiger über die Lippen als Miss Kittin.

(Harald Jakobs)

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Highlights

  • Kittin is high
  • Grace
  • Metalhead

Tracklist

  1. Kittin is high
  2. Batbox
  3. Grace
  4. Solidasarockstar
  5. Barefoot tonight
  6. Play me a tape
  7. Pollution of the mind
  8. Wash n dry
  9. Metalhead
  10. Machine joy
  11. Sunset strip
  12. Playmate of the century
  13. Lightmaker

Gesamtspielzeit: 51:47 min.

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