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Bound Stems - Appreciation night

Bound Stems- Appreciation night

Flameshovel / Al!ve
VÖ: 26.01.2007

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Der Zähler zählt, der Nenner nennt

All denjenigen, die nach zehnjährigem Mathestudium genau so aussehen und zudem noch steif und fest behaupten, ihre Königswissenschaft sei vor allem unglaublich schön, bringt man gemeinhin den gebotenen Argwohn entgegen. Ist man selbst doch nie wirklich über das Aufzählen der Grundrechenarten hinausgekommen. Auch Bound Stems bleiben in der Primärstufe und haben vor allem die Bruchrechnung für sich entdeckt. Die jedoch betreiben sie auf ihrem Debüt "Appreciation night" mit ebenso wild-chaotischem wie missionarischem Eifer.

Ihre Songs verzerren, schneiden heraus, pappen aneinander, ziehen hin oder kürzen auf den größten gemeinsamen Nenner. Ob quietschende Keyboards, polternde Drumkits, von Schlangenzähnen zerbissene Frauenchöre, Lärmgitarren oder Postrock-Bässe: "Appreciation night" pulsiert stets wie zwischen ganz unterschiedlichen Mehrdimensionen und gewährt allen Details das Recht, den Nagel tief einzubohren und den Song wirklich herauszufordern. Der verschafft sich Verschnaufpausen, hat erst mal etwas zum Nachdenken. Steht dann gestärkt wieder auf, fährt einen eifrigen Konter. Oder pellt sich zum genau richtigen Zeitpunkt gepflegt sein Ei drauf. Dann wird es laut, harmonieselig, (be)drückend oder einfach nur kopflos. Egal, ob am Anfang eines Songs, mittendrin, unten drunter oder zur Schlussouvertüre. In jedem Fall: immer und immer wieder.

So haben "Rented a tent (A tent! A tent!)", "Refuse the refuse" oder "Excellent news, colonel" stets große Riffs im Koffer, echte rhythmische Tightness, ein riesiges Herz für melancholische Ein- und Ausbrüche. Doch sie verlieren das Gepäck auch in ihrem riesigen musikalischen Terminal zwischenzeitlich aus dem Blickfeld. Um ihm dann - jeweils bevor jemand panisch das Sprengkommando alarmiert - hinterher zu reisen. Alles kein Problem: Wenn "Wake up, ma and pa are gone" zum Schluss euphorisiert die Fäuste schüttelt, "This is grand" seinen Dubsound nacheinander Funken sprühen, Trauerfeier halten und Henkersmahlzeiten mundrauben lässt und "Risking life and limb for the coupon" seine Klaviertupfer und Gitarrendelays erst knatternd, dann episch hochfährt, um sich schließlich mit wirklich riesiger Wut im Bauch auseinandezureißen, weiß man, dass der Weg nicht das Ziel war. Sondern niemals anders beschritten werden konnte. Kleine, verhallte Postrock-Edelsteine wie "Book of baby names" oder das seinen Disco-Beat in einem überall schlierenden und zündelnden Sound transportierende "Andover" machen zwar deutlich, dass Bound Stems auch anders können. Doch weshalb sollten sie?

So schaffen es Bound Stems, unglaublich direkt zu sein, aber doch abschweifend. Zu konstruieren und zu baggern und zuzuspachteln und doch einfach zu treiben. Nur sehr selten hört man Songs derart von selbst laufen, sich von allem, beinahe sogar von ihren Schöpfern, emanzipieren. Dennoch irren sie nie auch nur ansatzweise ziellos umher. Sie folgen keinem festen Plan. Aber einer Marschroute. Die heißt weder Zerstörungswut, Spiel mit den Elementen oder Freude am Exzentrischen. Vielmehr geht es immer um die möglichst große Spannungsleitung des Songs, ebenso ums Umschiffen der Klippen, wie den Frontalzusammenstoß oder den Tanz auf der ausgelatschten Ideallinie. "Appreciation night" hat an allem riesig Spaß. Und vor allem: am teilen.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Andover
  • Wake up, ma and pa are gone
  • Excellent news, colonel
  • Refuse the refuse

Tracklist

  1. Appreciation night
  2. Andover
  3. Western biographic
  4. Wake up, ma and pa are gone
  5. At what point did you stop believing me?
  6. Pulling on pigtails
  7. Excellent news, colonel
  8. This is grand
  9. Fire, burglary, flood
  10. Risking life and limb for the coupon
  11. Book of baby names
  12. Refuse the refuse
  13. Walter Waters addresses the bonus army
  14. Rented a tent (A tent! A tent!)
  15. 55 Cross St.

Gesamtspielzeit: 47:53 min.

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