Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


El-P - I'll sleep when you're dead

El-P- I'll sleep when you're dead

Def Jux / PIAS / Rough Trade
VÖ: 16.03.2007

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Ten inch nails

Immerhin, das Timing stimmt auch nach fünf Jahren Pause noch. Gerade jetzt, wo Dälek weich(er - schon gut!) geworden, mit "Abandoned language" in sich und auf Sinnsuche gegangen sind. Gerade jetzt, wo ein Thron frei geworden ist, hat der Mann mit dem Vorkaufsrecht die Kurve gekriegt. Jaime Meline, der MC, den sie El-P nennen, der Def-Jux-Labelgründer, der hinkendem HipHop ein Standbein gibt, hat das Post-9/11-Trauma seiner letzten Platte "Fantastic damage" endlich zurückgelassen, die Augen eng gemacht und den Blick nach vorn gerichtet. Er hat sich 13 neue Tracks ausgedacht, sie dann aufs Kreuz gelegt, durchgemischt und neu zusammengebaut, so wie das immer schon war. Er hat wieder eine Platte gemacht, die im Dunkeln leuchtet - und sei es nur, weil sie so breit die Zähne zeigt.

Es passt also gut, dass Omar-Rodriguez-Lopez und Cedric Bixler-Zavalas-Miranda-Veracruz-de-la-Jolla-Cardinal von The Mars Volta sich hier gleich als Gäste durchs erste Stück schreinermeistern, Matt Sweeney an der Zusatzgitarre kaum mehr zu irgendwas kommt und nach sieben Minuten eine erste Richtung vorgegeben ist. Die Axt ist immer noch El-Ps Lieblingsinstrument, die Zunge sitzt weiterhin locker, aber das Spielfeld für "I'll sleep when you're dead" ist - wie schon bei Dälek zuletzt - klarer abgesteckt als auf dem Vorgänger. Die Beats zerbröckeln weniger leicht, die Kurven werden etwas sanfter genommen. Überflüssig zu erwähnen: Einen schwereren Brocken hat das HipHop-Jahr trotzdem noch nicht gehabt.

Der halbe Def-Jux-Roster verbreitet Stallgeruch, Chan Marshall (also Cat Power), Trent Reznor (Nine Inch Nails) und Daryl Palumbo (Glassjaw, Head Automatica) spielen weitere Rollen - und doch ist "I'll sleep when you're dead" so sehr El-Ps Album, wie es nur geht und sein muss. Die Gäste werden mit der Nagelfeile bearbeitet und ihres Wiedererkennungswerts beraubt, bis sie ihm in den Kram passen. Sie brauchen sich gar nicht erst um dezentes Auftreten zu bemühen, weil der Mann mit den Einladungen sie ohnehin zu jeder Zeit über den Haufen rappt. Die unmittelbaren Auswirkungen des weltpolitischen Kollektivwahnsinns für das Leben des Einzelnen stehen auf der Agenda, die Ernsthaftigkeit und Verbissenheit in der Umsetzung sind weiterhin beispiellos. "I'll sleep when you're dead" hält der Welt einen zerbrochenen Spiegel vor.

Den Spaß mit dieser Platte muss man sich also erstmal zusammensuchen, die Anker zum Festhalten kann man anfangs leicht verfehlen, weil alles synthetisch, alles nachbearbeitet und schwer beweglich scheint. Nur "Dear Sirs" hilft einem da sofort weiter, ein rasanter, 90-sekündiger Schreibmaschinenterror, abgemagert aufs Wesentliche wie Christian Bale als "Der Maschinist" im gleichnamigen Film. Aber auch in den Tiefgaragen von "Run the numbers" (featuring Aesop Rock) und "Up all night" steht irgendwo ganz unten ein ramponierter Hit versteckt. "Habeas corpses" holt inzwischen das letzte Bisschen Schockeffekt aus einer 80er-Jahre-Idee wie dem Samplen von Revolverschüssen heraus, "The overly dramatic truth" legt sich mit angetäuschter Besinnlichkeit an, und "The league of extraordinary nobodies" entdeckt in seinem bläserlastigen Schlussdrittel die Restseele dieser zerstörten Roboterplatte. 9/11 ist überstanden, aber nicht verheilt. Die offenen Wunden bleiben El-Ps Baustelle.

(Daniel Gerhardt)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • Up all night
  • Dear Sirs
  • Run the numbers
  • The overly dramatic truth

Tracklist

  1. Tasmanian pain coaster
  2. Smithereens (Stop cryin')
  3. Up all night
  4. EMG
  5. Drive
  6. Dear Sirs
  7. Run the numbers
  8. Habeas corpses (Draconian love)
  9. The overly dramatic truth
  10. Flyentology
  11. No kings
  12. The league of extraordinary nobodies
  13. Poisenville kids no wins / Reprise (This must be our time)

Gesamtspielzeit: 54:43 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
captain kidd
2012-07-30 21:38:14 Uhr
moment. das war geraten, oder?
captain kidd
2012-07-30 21:01:05 Uhr
ano: der track heißt Poisenville kids no wins / Reprise (This must be our time) 10/10
captain kidd
2012-05-23 07:00:01 Uhr
höre es gerade mal wieder. wirklich ein starkes album. geiler psychosen-hip-hop
Antarktische Giraffe
2011-05-03 08:22:30 Uhr
Was soll denn bitte das Duett mit Katy Perry?
Björn
2011-05-03 08:01:26 Uhr
Ziemlich viel von Def Jux. Aesop Rock, Cannibal Ox, Weathermen. Liegt aber auch irgendwie nahe, hehe.
Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv