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The Little Willies - The Little Willies

The Little Willies- The Little Willies

Milking Bull / Blue Note / EMI
VÖ: 03.03.2006

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Saloonlöwen

Es ist schon verwunderlich. Da hat sich der daunenweiche Pseudojazz von Norah Jones doch tatsächlich als perfekter Freitagabend-Soundtrack für Leute erwiesen, die keine Zeit haben, sich für echte Musik zu interessieren. Hunderttausende Angela Merkels und Christian Wulffs gehen steil auf diese klanggewordene Gänseblümigkeit und halten sich sogar noch für hip.

Was das jetzt mit den Little Willies zu tun hat? Tja, diese Norah Jones macht doch tatsächlich noch etwas anderes als Grammys mit dem Einkaufswagen oder Dollarnoten mit dem Gabelstapler abzuholen: Sie spielt gelegentlich Klavier in einer vergleichsweise klitzekleinen Combo, die statt des gesamten Madison Square Gardens höchstens mal dessen Bar beschallen wollte. Und eigentlich erst für eine Wohltätigkeitskiste ein wenig publik gemacht wurde. The Little Willies eben. Was nicht etwa auf übersichtliche Geschlechtsorgane anspielt, sondern dem guten, alten Willie Nelson Ehre erweisen will. Nachdem dieser ja zuletzt spätestens mit seiner Mitwirkung bei Jessica Simpsons gräßlichem ... Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Wenden wir uns viel lieber dem Erfreulichen zu: dem Album. Denn das ist zwar eigentlich genauso laut (also leise) wie diese Norah-Jones-Platten, die auch bei Deiner Mama im Regal stehen. Aber längst nicht so überhörbar. Zusammen mit ihrem Lebensabschnittspartner Lee Alexander (Baß) und den Kumpels Richard Julian (Gitarre, Gesang), Jim Campilongo (E-Gitarre) und Dan Rieser (Schlagzeug) wird "The Little Willies" auch mal ordentlich flott. Und schmutzig. Huch!

Das mag daran liegen, daß neun von dreizehn Songs Coverversionen sind. Von alten Helden wie Kris Kristofferson, Hank Williams, Townes Van Zandt, Elvis Presley und natürlich dem alten Willie. Da kann wenig schiefgehen. Und tut's auch nicht. Ganz entspannt changiert die Band zwischen Countryswing und Barjazz, zwischen sachtem Schmelz und schunkligem Schwung, zwischen Drama und Albernheit. Alles tief in äußerst amerikanischer Bodenständigkeit geerdet.

Es federt schon ordentlich mit dem Fred-Rose-Klassiker "Roly-poly" los, daß man gleich glaubt, irgendeiner alten Schellackplatte aus den Vierzigern zu lauschen, als Roy Acuff und die Carter Family noch das Maß aller Songdinge waren. Nelsons Williams' lebensmüdes "I'll never get out of this world alive" schwoft großartig los, "I gotta get drunk" schnappt sich eine volle Flasche Fusel und leert sie mal eben ganz flott auf Ex, und weil's gerade so hübsch fix ist, wippt auch Kristoffersons "Best of all possible world" schwungvoll mit dem Fuß. Dann reiten die Willies noch mal auf Johnny Cashs altem "Tennessee stud" und baden im Van-Zandt-Drama "No place to fall" kräftig im Selbstmitleid. Selbst die paar eigenen Songs zwischendrin machen Spaß: "Roll on" schwippschwappt schon mit Orgelfluff und Kuschelschlagwerk durchs Radio. Und das herrlich beknackte "Lou Reed" röhrt um einen Rockstar herum, der gerade beim Umschubsen von Kühen ertappt wurde.

Die Gitarre twangt, das Klavier zwitschert, und Jones und Julian umgarnen sich wie zwei mindestens leicht angetrunkene Nachteulen. Anscheinend hat Jones nämlich bei ihrer kürzlichen Zusammenarbeit mit Ryan Adams auf dessen "Jacksonville City nights" Schnaps geleckt. Und so könnte ihre Existenz am Ende doch noch etwas Gutes haben: Die Zielgruppe wird endlich darauf aufmerksam, daß sie für derart feine Americana empfänglich ist. Denn das ist dieser bislang leider entgangen. Es wäre an der Zeit.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • I'll never get out of this world alive
  • No place to fall
  • I gotta get drunk
  • Lou Reed

Tracklist

  1. Roly-poly
  2. I'll never get out of this world alive
  3. Love me
  4. It's not you, it's me
  5. Best of all possible worlds
  6. No place to fall
  7. Roll on
  8. I gotta get drunk
  9. Streets of Baltimore
  10. Easy as the rain
  11. Tenessee stud
  12. Nightlife
  13. Lou Reed

Gesamtspielzeit: 42:55 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Oliver Ding
2006-03-19 20:27:09 Uhr
Was das aufgejazzte Countrystolpern mit der Weichspülsoße von Jones' Soloalben zu tun haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Lieber nicht lediglich Vorurteile abkippen. Dann darfst Du auch beruhigt weiter Meister Keenan lauschen. :-)
dfg
2006-03-17 19:31:54 Uhr
doch, das ist doch genau die gleiche scheiße
wie auf den Soloalben, nur heisst das jetzt
anders. So empfinde ich das.


da geh ich jetzt doch lieber mal ne Runde
Tool hören...
captain kidd
2006-03-17 17:46:07 Uhr
... also überhaupt nicht.
dfg
2006-03-17 16:49:55 Uhr
Genau so langweilig wie Norah Jones solo.....
Armin
2006-03-17 16:41:20 Uhr
Die fünfköpfige Band, die sich als Hommage an Willie Nelson The Little Willies nennt, existiert eigentlich nur sporadisch. Im Jahr 2003 entschlossen sich die gut miteinander befreundeten Musiker, die sonst allesamt anderweitig verpflichtet sind, spontan, für einen Abend The Living Room zu buchen, einen kleinen Club an der New Yorker Lower East Side, um dort ein gemeinsames Konzert zu geben. Daraus wurde eine liebe Gewohnheit, so dass Lee Alexander (Bass), Jim Campilongo (E-Gitarre), Norah Jones (Piano, Gesang), Richard Julian (Gitarre, Gesang) und Dan Rieser (Schlagzeug) schließlich sogar ein Album aufnahmen: neben neun Coverversionen verdienter Songwriter wie Kris Kristofferson, Townes Van Zandt, Hank Williams Jr. und natürlich Willie Nelson auch einige Eigenkompositionen. Der superben Kollektion aus Americana-Perlen und Großstadtballaden gelang mit dem Einstieg auf Platz 53 der deutschen Media Control Album Charts ein Achtungserfolg. In dieser Woche tritt die „größte kleine Bar-Band der Welt“ beim „South By Southwest“-Festival in Austin, Texas auf.



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