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My Morning Jacket - Z

My Morning Jacket- Z

ATO / Red Ink / Rough Trade
VÖ: 27.01.2006

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

This is nowhere

Es gibt da diese eine Episode in Cameron Crowes letztem Film "Elizabethtown". Orlando Bloom ist gestorben oder sein Vater oder sonstwer. Jedenfalls ist jetzt die ganze Verwandtschaft da, etwa halb Kentucky, um eine feuchtfröhliche Trauersause mit Gastrednern, Diashows und Liveband zu feiern. Die Truppe steckt mitten in ihrem Cover von Lynyrd Skynyrds "Free bird", als irgendwas kaputt geht, ein Feuer ausbricht, die Alarmsirene losgeht, das Fußvolk nach draußen rennt und schließlich der halbe Schuppen einstürzt. Aber die Band rockt sich trotzdem weiter einen ab, ganz galant. Im künstlichen Regen der Sprenkelanlage und der amerikanischsten, lebendigsten und besten Szene des ganzen Films. Diese Band ist My Morning Jacket. Und da sprechen wir ausnahmsweise nicht in nebligen Bildern. Sie ist es wirklich.

Warum? Nun, einmal natürlich, weil Crowe doch ein, zwei Dinge über Musik weiß. Dann aber sicherlich auch, weil sie aus jener gesichtslosen Mitte Amerikas stammen, von der in "Elizabethtown" so herrlich gefühlsduselig erzählt wird. My Morning Jacket, das sind Hinterwäldler mit fusseligen Haaren, Köpfen ohne Backen und hochgekrempelten Hemdsärmeln. Ist doch so. Und trotzdem hat sich eine ganze Menge getan bei ihnen, das muß man schon zugeben. Zwei Mitglieder wollten raus, darunter der, dessen Opa immer seine Farm als Tonstudio hergab. Sie wurden gleichwertig ersetzt, ein paar Kilo Bedeutungsschwere sind aber trotzdem runter. Und auf einmal waren My Morning Jacket leicht genug, um abzuheben und wegzuschweben. Einfach so, tschüß.

Wir rekonstruieren: Nachdem My Morning Jacket vor drei Jahren mit "It still moves" ihre definitive Americana-Platte gemacht hatten, gab es in dieser Ecke nicht mehr viel zu tun für sie. Also faßte Jim James, der Songwriter und so, den tapferen Entschluß, sich in Zukunft Musik auszudenken, bei der alles gleichwichtig ist. Gitarren, Rhythmus, Streicher, Soli, Worte. Er spricht in diesem Zusammenhang wohl gerne von einer diffusen Wolke, in der seine Band aufgehen soll. Und was gibt es da noch groß zu sagen? Hat ziemlich gut geklappt. My Morning Jacket hängen tatsächlich irgendwo in den Wolken mit diesem "Z". Wenn jetzt noch jemand eine Sonne mit Gesicht daneben malt, muß die bitte wie Wayne Coyne aussehen.

Ein bißchen mitleidig hört sich das ja schon immer an, wenn man einer Platte besondere Dichte und Ausgewogenheit anhängen will, als gäbe es nichts Interessanteres über sie zu erzählen. Aber das ist hier anders. "Z" hat zwar keine richtigen Highlights und es klingt so sehr nach geschlossener Gesellschaft, daß man erstmal einen Weg nach drinnen finden muß. Aber wer das geschafft hat, wird nicht mehr aufhören wollen mit diesen Liedern. Kein Country-Song diesmal, dafür das majestätische "Gideon" und eine Ahnung davon, was Chris Martin auf einer Farm so schreiben würde. Dazu die Zirkusnummer "Into the woods" mit brennender Katze, ausleiernder Orgel und Seefahrerchor. Und schließlich "Dondante", ein einziges, ekstatisches Sieben-Minuten-Outro für den Nachhauseweg. Jetzt könnte es wieder brennen. Würde keinen kümmern.

Es steckt ja sowieso eine gründliche Gemütlichkeit in dieser Platte, vor der man irgendwann nicht mehr abhauen kann. Wenn James den Spuren Al Greens nachläuft und das wabbelige Stück dazu "Wordless chorus" heißt, darf man ihn da durchaus beim Wort nehmen. "Off the record" hingegen macht erst auf verschleppten Reggae, bevor es sich noch zwei Minuten lang von ambienter Tauchermusik über den Bauch pinseln läßt. Bei "Lay low" läuft die Neil-Young-Gitarre dann schon zuverlässig im Autopilot mit. Und am liebsten singt James ja immernoch mit seinem eigenen Echo um die Wette. Eine merkwürdige, amerikanische Band ist das. Everybody knows.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Off the record
  • Lay low
  • Dondante

Tracklist

  1. Wordless chorus
  2. It beats 4 U
  3. Gideon
  4. What a wonderful man
  5. Off the record
  6. Into the woods
  7. Anytime
  8. Lay low
  9. Knot comes loose
  10. Dondante

Gesamtspielzeit: 45:25 min.

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User Beitrag

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31725

Registriert seit 07.06.2013

2020-06-12 18:18:01 Uhr
Oh ja, gerade bei dem Wtter heute sehr passend.

Gordon Fraser

Postings: 2543

Registriert seit 14.06.2013

2020-06-12 16:28:32 Uhr
War mein AdJ 2006 - eine fantastische Platte.

kingsuede

Postings: 4078

Registriert seit 15.05.2013

2020-06-12 15:35:09 Uhr
Wird mal wieder Zeit für ein Relistening. Gehört immer noch locker zu den besten 25 Alben der letzten 20 Jahre.
jeckyll
2008-12-24 15:09:52 Uhr
ich halte off the record ebenfalls für einen verdammt coolen song. bester song des albums ist aber - ohne jeden zweifel - gideon.
thesos
2008-12-24 13:32:29 Uhr
".. nur leider schaffen es mmj nicht ihre Live Energie auf Platte zu kriegen."
genau, traurig aber wahr. Und die 2008er ist der Tiefstpunkt an Platte.
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