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Green Day - American idiot

Green Day- American idiot

Reprise / Warner
VÖ: 27.09.2004

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Böse Buben

Manche haben Angst vor Menschen wie Green Day. Tré Cool sieht aus, als ob mit ihm nicht gut Kirschen essen wäre. Bei Mike Dirnt würde man flugs die Straßenseite wechseln oder ganz schnell umdrehen. Und Billy Joe Armstrong zieht grundsätzlich die Fresse, die man früher allzugerne poliert hätte, wäre da nicht die Furcht gewesen vor dessen Brüdern, die für einen längeren Krankenhausaufenthalt gesorgt hätten. Aber es zählen bekanntlich die inneren Werte, oder aber Werte überhaupt. Und gerade Green Day stellen die richtige Frage: Was ist schlimmer, ein bißchen Aufruhr? Oder aber subtilere, nachhaltige Boshaftigkeit, die vom Weißen Haus aus die Welt sicherer machen will und doch nur völlig aus dem Gleichgewicht bringt?

"American idiot" kommt gerade rechtzeitig, der Wahlkampf ist noch nicht entschieden. Und anders als die anderen werden Green Day Mittel und Wege finden. Mal ehrlich, die ehrbahren Untergrund-Proteste Marke "Rock against Bush" werden doch im Traum nicht das patriotische Landvolk der Staaten erreichen. Zum Glück gibt es die "Vote for change"-Tour - und Green Day. Die werden mit "American idiot" sicher einiges an Aufsehen erregen, über die Nischen hinaus. So viel wohl wie seit "Dookie" nicht mehr. Ob sie wachrütteln? Sie tun alles mögliche. Ob sie das Ziel erreichen? Zu hoffen wäre es.

Die Wahl der ersten Single hätte allerdings durchaus glücklicher ausfallen können. Jenes "American idiot" eröffnet das gleichnamige Album mit genau dem Haudrauf-Sound, den von Green Day jeder erwartet und keiner mehr gewünscht hätte. Zum Glück drehen die drei direkt danach die Ambitionsschraube nach oben. "Jesus of Suburbia" fällt nicht nur durch seine Überlänge durchs gewöhnliche Punk-Raster, sondern belehrt auch gleich jene eines besseren, die sich Innovation in diesem Kontext nicht hätten träumen lassen. Ein in fünf Teilen erzähltes Stück, dessen genaue Bedeutung sich wie vieles auf "American idiot" nicht direkt erschließt. Man hört nur, daß sich alles um die drei Hauptfiguren Whatsername, St. Jimmy und jenen Jesus of Suburbia drehen soll, die auch immer wieder in den Lyrics auftauchen. Und den großen Bogen spannen sollen zu dem, den es zu bekämpfen gilt.

Green Day gehen einen ähnlichen Weg mit "American idiot" wie Blink-182 mit ihrem selbtbetitelten Neuanfang. Nur wirkt bei ihnen alles noch viel ausgereifter, schlüssiger, begründeter. Die alten Elemente werden mal üppiger dosiert, wenn es wie bei "She's a rebel" oder dem beschwingten, aber keineswegs einfältigen "Holiday" anbietet. Sie werden aber auch mal völlig über den Haufen geworfen. "Boulevard of broken dreams" führt uns die Zukunft vor Augen, die keiner von uns haben will. "I walk alone, I walk alone", hadert sich Billy Joe durch ein desillusioniertes kleines Rock-Epos. Und steigert sich direkt in "Are we the waiting" hinein. Bei dem er zum ersten Mal sogar die Sicherheit zu verspüren scheint, daß der Kampf nicht verloren ist, daß er nicht alleine auf weiter Flur steht.

Es folgt ein Hieb auf "St. Jimmy", die beißende Ironie von "Give me novocain", und es folgen unzählige Ahas, Ach-sos und Wie-bittes. Man muß sich mit "American idiot" beschäftigen. Nicht nur, um es zu verstehen. Sondern, weil es ein dickes Ausrufezeichen bedeutet, inhaltlich sowieso, aber erst recht musikalisch. Deshalb sind Green Day noch lange nicht die The Who des Punkrock. Aber die Besten unter den Guten. Daß sie mit "Wake me up when September ends" noch eine süßliche Streicher-Ballade draufsetzen, soll uns nur recht sein. Schließlich schluckt sich bittere Medizin am besten mit einem Stück Würfelzucker. Dieses "American idiot" ist purer Zündstoff, weil es sich den Holzhammer erspart und nachhaltig wirkt. Vielleicht detonieren ja bald Handgranaten in den Briefkästen der Herren Armstrong, Dirnt und Cool. Denn sie bedeuten eine echte Gefahr für die Sicherheit. Nach amerikanischen Maßstäben.

(Armin Linder)

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Highlights

  • Jesus of Suburbia
  • Wake me up when September ends
  • Homecoming

Tracklist

  1. American idiot
  2. Jesus of Suburbia
  3. Holiday
  4. Boulevard of broken dreams
  5. Are we the waiting
  6. St Jimmy
  7. Give me novacaine
  8. She's a rebel
  9. Extraordinary girl
  10. Letterbomb
  11. Wake me up when September ends
  12. Homecoming
  13. Whatsername

Gesamtspielzeit: 52:09 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Jaggy Snake

Postings: 850

Registriert seit 14.06.2013

2021-05-17 17:14:34 Uhr
Oh ja, Letterbomb fand ich auch immer klasse. Vor allem der Post-Chorus ganz am Ende. Aber ja, Holiday ist auch super.

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 10783

Registriert seit 23.07.2014

2021-05-17 16:38:21 Uhr
Ja, klasse Song. Mein heimlicher Favorit des Albums ist aber inzwischen "Letterbomb", generell super Album.

edegeiler

Postings: 2915

Registriert seit 02.04.2014

2021-05-17 11:18:13 Uhr
"Holiday" ist so unglaublich stark. Hat sich nullkommanull abgenutzt über die letzten 15 Jahre.
Pro-Something
2016-11-12 22:29:04 Uhr
Armer Billy Joe. Muss sich jetzt wieder i.wo 3-4 Jahre einschließen um an American Idiot Nr. II zu arbeiten. Wennse so hammer wird wie damals AI, dann hätte die Wahl von Trump ja doch was jutes.

Boston

Postings: 627

Registriert seit 14.06.2013

2016-11-12 15:43:08 Uhr
Gerade wieder rausgeholt, mit Anlass. Wer hätte diesem Album so eine Zeitlosigkeit zugetraut?
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