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Gouge Away - Burnt sugar

Gouge Away- Burnt sugar

Deathwish / Rykodisc / Warner
VÖ: 28.09.2018

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

First date auf der Folterbank

Eine der Hauptregeln beim Erstkontakt zwischen zwei Menschen ist, nicht mit der Tür ins Haus zu fallen, sich stattdessen erst einmal zu beschnuppern. Die Abgründe sollten vorerst im Dunkeln bleiben, es ist ratsam, die Schäden der eigenen Seele im Verborgenen zu halten. "Schwachsinn", sagt wohl Christina Michelle, Vorsteherin des Post-Hardcore-Outfits Gouge Away aus dem Süden Floridas. Auf deren zweitem Album "Burnt sugar" gibt Michelle ihren Hörern genau eine Strophe Zeit, warm zu werden, dann setzt es was: "Paranoia comes knocking / She's my only friend." Spätestens da weiß das Publikum: Die Dame macht nicht lange rum, und ganz einfach zu händeln ist sie auch nicht. Doch das hochexplosive Gemisch dieser Fegefeuer-Band zeigt auch, dass Michelle und ihre Mitstreiter zu den aufregenden Zeitgenossen gehören, mit denen es nicht langweilig wird.

Und überhaupt, was für eine Wucht! Da knallt der Opener "Only friend" mit ausgemergeltem Rotz so überdreht durchs Ohr, dass man erst mal wieder den Kopf zurechtgerückt bekommen muss, es pumpt, es scheppert, rette sich, wer kann! Verschnaufen ist aber nicht, es kommt bereits "Fed up" mit einem höllischen Riff um die Ecke, packt den geneigten Hörer an den Schultern und schüttelt mal kräftig. Gouge Away betiteln Fugazi und The Jesus Lizard unter anderem als Referenzen, ohne große Imaginationsleistung fallen einem jedoch ebenso schnell ...And You Will Know Us By TheTrail Of Dead oder At The Drive-In ein. Nur das Beste also an Rohmaterial, und perfekt angewandt wird dieses zu gepfefferten Maulschellen jenseits kraftstrotzender Stiernackigkeit. "Slow drown" hängt angezählt in den Seilen, entwickelt aber immer noch einen schadhaften Punch, und "Hey mercy" profitiert von dem unnachgiebigen Gesangsansatz Michelles. Gouge Away müssen mit ihrer Musik keine Posen einnehmen, die aggressive Grundausrichtung entsteht wie von selbst, wenn diese vier Musiker zu ihren Instrumenten greifen. Das Schlagzeug in "Subtle thrill" rotiert unnachgiebig an einem klaffenden Abgrund entlang, bevor es von schartigen Gitarren-Slowdowns gerade noch eingefangen wird und "Ghost" weiß sich mit einem ultra zähflüssigen Bass in den nächsten Zusammenbruch hinein zu retten.

Dass die Band aus dem Rentnerstaat im letzten Drittel das Tempo ein wenig drosselt, ist im Übrigen kein Verlust, weil Gouge Away den nachhaltigen Melodie-Impact gleichzeitig hochschrauben. Das halb verträumte Titelstück muss gar nicht so viel Druck machen, gefällt sich im Gegenteil als nette Slacker-Indienummer mit vernachlässigtem Verantwortungsgefühl. Nachdem "Wilt (I won't)" noch einmal die Hardcore-Waschmaschine anschmeißt, darf "Raw blood" sich abschließend in einem sämigen Brei aus Gitarre, Schlagzeug und Bass genüsslich suhlen, ein Bad in den eigenen seelischen Abgründen und mentalen Fehlfunktionen. Das gefällt dann im Idealfall auch Leuten, die die eigene Karriere voranbringen können, so geschehen, als Jeremy Bolm von Touché Amoré Feuer für Gouge Away fing und diese mit auf Tour nahm. Bei seiner Plattenfirma hat er anschließend die Werbetrommel ordentlich gerührt, sodass "Burnt sugar" jetzt einen gehörigen Release auf Deathwish bekommt. Vielleicht hat die Plattenfirma aber auch der direkte Kommunikationsansatz Michelles beeindruckt, also: gerne mal auf die guten Konventionen scheißen.

(Martin Makolies)

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Highlights

  • Only friend
  • Ghost
  • Stray / Burnt sugar

Tracklist

  1. Only friend
  2. Fed up
  3. Slow drown
  4. Hey mercy
  5. Subtle thrill
  6. Ghost
  7. Dissociation
  8. Can't relate
  9. Stray / Burnt sugar
  10. Wilt (I won't)
  11. Raw blood

Gesamtspielzeit: 26:14 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

MasterOfDisaster69

Postings: 941

Registriert seit 19.05.2014

2024-01-11 13:08:06 Uhr
neues Album im Maerz

https://www.youtube.com/watch?v=kWDcqjcvwbA

MartinS

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 1395

Registriert seit 31.10.2013

2018-12-05 11:08:17 Uhr
So, jetzt aber: Mit Sicherheit eines der besten Alben, die der olle Hardcore dieses Jahr so hervorgebracht hat.
"Only friend", "Hey mercy" und allen voran "Ghost" sind der Wahnsinn. Schade, dass das Album nicht mehr Aufmerksamkeit erhält und auch ein bisschen schade, dass hier Mr. 7/10 zugeschlagen hat ;)
Naiss
2018-10-07 09:27:39 Uhr
Hab's noch nicht geschafft die Platte zu hören, "Only Friend" lief die letzten Wochen allerdings auf Dauerschleife. So ein fettes Ding. Gitarrenarbeit trifft voll meine Sensibilitäten. Tolle Stimme.

MartinS

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 1395

Registriert seit 31.10.2013

2018-10-07 09:00:55 Uhr
Konnte bisher nur mal kurz reinhören, aber der erste Eindruck war ziemlich gut.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26286

Registriert seit 08.01.2012

2018-10-04 21:26:32 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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