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Frank Turner - Be more kind

Frank Turner- Be more kind

Xtra Mile / Polydor / Universal
VÖ: 04.05.2018

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Netter Versuch

Frank Turners politischstes Album. Frank Turners poppigstes Album. Frank Turners spannendstes Album. Frank Turners wohl umstrittenstes Album. Für "Be more kind" werden wohl nicht zu Unrecht einige dieser Superlativ bemüht werden, obwohl man doch auch mit viel netteren Geschichten darüber sprechen kann. Zum Beispiel schrieb Bob Dylan einmal über einen der für ihn wertvollsten Ratschläge: "My grandmother told me to be kind / Cause everyone you'll ever meet is fighting a hard battle." Nett, oder? "Be more kind", Frank Turners siebtes Album, ist allerdings keine Hommage an seinen alten Helden, der ihn einst in "I am disappeared" zumindest im Traum auf eine Spritztour nahm. Netter zu sein, hat Turner sich dagegen von Clive James abgeschaut: "I should have been more kind. It is my fate / To find it out, but find it out too late." Aus dieser elementaren Weisheit wird auf "Be more kind" eine Grundhaltung, die zur Lösung der aus dem aktuellen politischen Klima entstehenden Spannungen wenigstens beitragen soll. Nicht mehr und nicht weniger. Ist "Be more kind" als Album denn ebenso gut wie als Ratschlag?

Zumindest ist es erst einmal ein mutiger Schritt von Turner (der auf dem Best-of-Album "Songbook" ja offiziell ein letztes Mal den Folk-Punk alter Tage beschwor), wie im handclaplastigen Opener "Don't worry" oder in der Vorab-Single "Blackout" auf guten Indie-Pop-Rock mit sanft anklingenden elektronischen Elementen zu setzen. Die musikalische Kehrtwende wird auf "Be more kind" allerdings eher angedeutet als vollzogen, wären doch das bereits bekannte "There she is", "21st century survival blues" oder "Going nowhere" auf vorherigen Platten nicht aus dem Rahmen gefallen. Dem guten alten Frank geht es hier vielmehr um "Little changes", was sich nicht auf die Musik beschränkt. "I was in my comfort zone / I was singing selfish songs / I've been taking for granted everyone understood how easy trouble comes / But it's not enough anymore", besingt er selbstkritischer denn je das eigene Verhalten. Zwar scheint die politische Lage unübersichtlich wie nie – "I don't know what's going on anymore" –, aber resignierend in die Kneipe zu gehen, ist eben nicht mehr möglich, wenn da draußen Zustände losbrechen, die Turner an "1933" erinnern, als noch niemand das Grauen von 1945 für möglich hielt. Im Vergleich zu Billy Bragg ist der gute Frank zwar noch immer kein Protestsänger, weil er nur auf privater Ebene zu mehr Empathie und einem geschärften Bewusstsein aufruft, offenere politische Äußerungen gab es in seiner Musik jedoch noch nie.

Leider hat sich der Brite auch zum bestenfalls gut gemeinten "Make america great again" hinreißen lassen, das einem nicht nur mit wirrem elektronischem Geklimper einiges abverlangt. Denn so gut die verfolgten Absichten auch sind, greift es viel zu kurz, wenn das Ziel in "Making racists ashamed again" besteht, statt Rassismus als weit schwieriger zu bekämpfendes Problem zu erkennen. Sofern es Turner allerdings nur darum ging, die unsägliche Phrase nach all den Zeitungsüberschriften und Werbe-Slogans durch penetrant ungelenke Betonung Sil-be-für-Sil-be endgültig totzureiten, sei es ihm verziehen, selbst wenn der Track ein störender Fremdkörper auf "Be more kind" ist. Dagegen wirken die eher okayen Nummern "Brave face", "Get it right" oder "Common ground" jedenfalls stärker als sie es sind.

Statt jetzt jedes noch so kleine Haar in der Suppe zu sezieren und sich künstlich aufzuregen, kann man aber auch seinen Ratschlag befolgen und etwas netter sein. Genügend Anlass dazu gibt es ja auch beispielsweise mit dem schönen Titeltrack oder mit dem packenden "The lifeboat", einer dramatischen Ballade, auf der Turner zeigt, wie viel besser und komplexer er eigentlich neue Wege beschreiten kann. Man muss sich also keine Sorgen um ihn machen, kehrt er nun künftig wieder zum punkigen Barden zurück, geht weiter in Richtung Indie oder versucht etwas ganz Neues. Er hat mit "Be more kind" etwas riskiert und damit nicht gewonnen. Das passiert. Trotzdem bleibt Frank Turner einer der richtig Guten.

(Marcel Menne)

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Highlights

  • 1933
  • Be more kind
  • The lifeboat

Tracklist

  1. Don't worry
  2. 1933
  3. Little changes
  4. Be more kind
  5. Make america great again
  6. Going nowhere
  7. Brave face
  8. There she is
  9. 21st century survival blues
  10. Blackout
  11. Common ground
  12. The lifeboat
  13. Get it right

Gesamtspielzeit: 48:27 min.

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User Beitrag

MartinS

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 1395

Registriert seit 31.10.2013

2018-05-05 19:17:58 Uhr
Hm, ich bin eigentlich nicht ernüchtert. Der Titeltrack ist spitze und auch sonst geht vieles klar, auch wenn nichts wirklich Weltbewegendes dabei ist. Die ruhige Atmosphäre gefällt mir trotzdem besser als der etwas prollige Vorgänger.
Reiht sich in die (zu) lange Reihe okayer Frank-Turner-Alben ein. Auf Dauer kann man sich eh nur "Love, ire & song" und vor allem "England keep my bones" geben.

Petr

Postings: 76

Registriert seit 14.06.2013

2018-05-04 19:42:04 Uhr
wow, danke und das sogar mit falschen angaben meinerseits (verdammt, peinlich, wasser auf die Mühlen derer, die sagen, das klinge alles gleich)...ich glaube ich meine tatsächlich "17 Worte"...hab dann zwischendurch gedacht, es wäre vielleicht vom Wiebusch-Soloalbum, und die Ähnluchkeit mit "17 Worte" ist nicht so frappant, wie in meiner Vorstellung. aber nun gut..

Album ja draussen heute...hab erst einen ganzen Hördurchgang, aber ziemlich ernüchtert
ichundnichtdu
2018-05-04 13:28:11 Uhr
Du meinst nicht zufällig 17 Worte von Thees Uhlmann?
https://www.youtube.com/watch?v=eyGh838R_jg

Ein Kettcar-Lied höre ich nicht direkt raus. Wegen der Streicher im Hintergrund erinnert es mich aber am ehesten an etwas von "Zwischen den Runden".
ichundnichtdu
2018-05-04 13:14:00 Uhr
Gibt es denn auch ein Video von dem Song "Be more kind"? Vielleicht hört mein Kettcar-geübtes Ohr es ja heraus.
Coverdieb
2018-04-28 09:31:06 Uhr
The Antlers - Hospice
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