Baths - Romaplasm
Anticon / H'Art
VÖ: 17.11.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
Solch große Höhen
Will Wiesenfeld verlässt die Dunkelheit. Auf seinem letzten Album, dem grandiosen "Obsidian" aus dem Jahr 2013, funkelten seine Electronica-Kompositionen noch in den dunkelgrauesten Tönen. Melancholie war Schlüssel und Schatz in einem. Mit seiner dritten Platte "Romaplasm" schreitet Baths, so Wiesenfelds knackigkurzer Künstlername, ans Licht, seine Songs sind spritzig, fruchtig, bunt, schäumen nur so vor Energie und Lebensfreude und räumen der ehemals so zentralen Melancholie nur noch an wenigen ausgesuchten Stellen einen Platz ein. Im Sound erinnert "Romaplasm" auch wieder eher an das quietschfidele 2010er-Debüt "Cerulean"
"Romaplasm" beginnt mit den verspielten Klängen von "Yeoman": Schnell blinkende Beats treffen auf Wiesenfelds markante Stimme, die Melodie klingt süß, geht sofort ins Ohr. Der Zuckerschock droht. Nicht nur der Opener tastet sich in ungeahnt poppige Grenzbereiche vor, nein, das Gros der hier versammelten Stücke trägt die Liebe zum eingängigen Sound offen vor sich her. Die Gefahr, in kitschige Owl-City-Gefilde abzudriften, schwebt jederzeit über den Songs, kann in der Regel aber durch minimale Verschiebungen im Sounddesign gebannt werden. Baths spielt hier ein köstlich riskantes Spiel, für das er höchstselbst die Regeln geschrieben hat.
Der beste Song "Extrasolar" benötigt derlei Nervenkitzel nicht: Ein Beat stottert sich gekonnt durch die vier Minuten, Wiesenfelds Stimme erklimmt wie gewohnt viele Höhenmeter, Melodiefetzen bleiben angenehm zurückhaltend, flirren im ausfransenden Hintergrund. Für "Abscond" fährt Baths dann schwerere Geschütze auf: Eine Akustikgitarre nimmt eine prominente Position ein, dazu gesellen sich Streicher und becircende Sirenenchöre. In solchen Songs manifestiert sich das angestrebte Ziel Baths', das Schöne und Erhabene im Leben zu betonen und sich nicht zu sehr auf die destruktiven Erlebnisse und Momente zu beziehen.
"Adam copies" tippelt dagegen auf einem nervösen, hochgepitchten Breakbeat daher, gönnt sich aber zur Halbzeit auch mal ein paar Augenblicke Ruhe zum gepflegten Durchschnaufen. Dergleichen findet man auf dem Album ohnehin recht wenig: Oft sucht Baths den unmittelbaren Weg, legt nur wenige Atempausen ein: Seine neuen Kompositionen sind zittrig, energiegeladen und pickepackevoll mit Einfällen. "Out" darf beispielsweise wie ein Computerspiel-Soundtrack beginnen, während "Superstructure" druckvollen Techno ins Feld führt. Hochklassig wird es dann gegen Ende mit "Broadback", das sogar ein wenig an The Postal Service erinnert. Passt ja auch: Vom Dunkel ins Licht, entschwebt Baths nun in höchste Höhen. Kieselsteine, Sand und Erde rieseln aus seinen Kleidern. Winkend grüßt er.
Highlights
- Extrasolar
- Broadback
Tracklist
- Yeoman
- Extrasolar
- Abscond
- Human bog
- Adam copies
- Lev
- I form
- Out
- Superstructure
- Wilt
- Coitus
- Broadback
Gesamtspielzeit: 47:16 min.
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