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Zugezogen Maskulin - Alle gegen alle

Zugezogen Maskulin- Alle gegen alle

Four / Sony
VÖ: 20.10.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Geistesgegenwart

Die Zeit ist reif für ein Deutschrap-Album, das einen Scheiß auf Deutschrap gibt. Grim104 und Testo sind seit Jahren für Qualität und Attitüde bekannt. Kommerziell erzielten sie sowohl solo als auch als Zugezogen Maskulin einige Achtungserfolge. Schnellvorlauf: Das Duo meldet sich mit "Alle gegen alle" eingängiger denn je zurück. Was einige alte Fans verschrecken dürfte, geht vollkommen klar. Denn obwohl die Hooks auf "Alle gegen alle" deutlich poppiger tönen als noch auf "Alles brennt", haben sich die Künstler nicht dazu hinreißen lassen, sich am derzeitigen Mainstream anzubiedern. Noch immer spuckt Grim104 Zeilen, als wäre er gerade aus der Therapie entlassen worden. Und auch Testo hat sich keinen Millimeter verbiegen lassen. Die Devise lautet: Ballern, und zwar rund um die Uhr.

Die Beats auf "Alle gegen alle" sind von durchgehend hoher Qualität. Dominiert von dröhnenden Basslines und raumgreifenden Synthies werden kontemporäre Trends souverän integriert und angeschrägt. Nachzuhören in dem famosen "Uwe & Heiko", das gleich mehrere musikalische Wendungen nimmt, ehe es stilvoll in seine Einzelteile zerlegt wird. Auffällig sind die vielen gesungenen Hooks, welche zwischen Zynismus und Euphorie pendeln. So wildert der Titeltrack in Powerpop-Gefilden, während "Yeezy Christ Superstar" clever eine Kinderlied-Melodie mit subsonischem Terror verbindet. Letztgenannter Track überzeugt auch textlich, indem eine augenzwinkernde Rückschau auf den eigenen Werdegang mit einer bitterbösen Kritik am Vakuum der Instagram-Ära verknüpft wird.

Überhaupt operieren die beiden MCs in Sachen Reimkunst auf hohem Niveau. Ob verspielt oder verspult: Die Punchlines sitzen. So werden in "Stirb!" im Vorbeigehen Hater und Biter gedisst, während sich "Nachtbus" konsequent dem Hass gegen alles widmet. Natürlich ist das alles nicht wörtlich zu verstehen. Zugezogen Maskulin sind weiterhin Meister darin, das Offensichtliche mit dem Subtilen zu verquirlen. So rechnet "Vor Adams Zeiten" mit der blinden Fortschrittsgläubigkeit vieler Hipster ab, ohne dabei ins Plakative zu verfallen. Stattdessen erfolgt die Kritik an der Jetztzeit durchs Farnblatt der Ironie. In eine ähnliche Kerbe schlägt "Was für eine Zeit", das den urbanen Lifestyle zwischen Craftbeer und nachhaltig grillender Burgerbude auf die Schippe nimmt.

Der politische Anspruch der Band schimmert ebenfalls immer wieder durch. Besonders "Steine & Draht" wird deutlich: "Großvater kam nach Jahren heim aus seinem großen Krieg / Nahm sich eine Flasche Korn, trank bis er vom Sofa fiel / Kam aus einem Land zwischen Bergen und Meer / Als mein Vater auf die Welt kam, gab es das nicht mehr". Der Kontrast zwischen Ost und West während des kalten Krieges löst sich auf, indem auf den einenden Nihilismus verwiesen wird. Ein Land, "das keine Heimat ist, wenn man nicht gern Heimat sagt", verschwindet und bleibt trotzdem da. Eine Zukunft, die man immer vermeiden wollte, erscheint gar nicht mehr so abwegig. In Gegenwart des Ungeistes hilft nur eines: Geistesgegenwärtigkeit.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights

  • Uwe & Heiko
  • Yeezy Christ Superstar
  • Nachtbus
  • Steine & Draht

Tracklist

  1. Alle gegen alle Intro
  2. Was für eine Zeit
  3. Uwe & Heiko
  4. Alle gegen alle
  5. Vor Adams Zeiten
  6. Stirb!
  7. Yeezy Christ Superstar
  8. Nachtbus
  9. Teenage Werwolf
  10. Steffi Graf
  11. Der müde Tod
  12. Steine & Draht

Gesamtspielzeit: 40:47 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Pia
2018-01-15 23:57:26 Uhr
Was isn das für ne halbherzige Rezension? Und warum geht niemand auf die großartigen Instrumental-Parts, die fast schon jazzig klingen (Trompete in Der müde Tod/Gitarre in Teenage Werwolf), ein? Was die Jungs da musikalisch neben den Hammertexten erarbeitet haben, verdient ein genaues Rezensenten-Auge, das aufs Detail achtet. Das Album ist ganz große Klasse, Respekt an die Musiker, die das alles realisiert und dem Album dieses sphärische "ganz weit weg/ganz nah dran"-Gefühl verliehen haben!
1974
2017-10-22 01:12:15 Uhr
Tolles Album und passende Rezension. Wenn man sich so anschaut was im deutschen Hip Hop gefeiert wird, ist man froh ab und zu noch so ein Album zu finden.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26286

Registriert seit 08.01.2012

2017-10-21 00:08:24 Uhr - Newsbeitrag
Liebe Blogger, Musikfreunde und Medienpartner,

das neue Album der Gruppe Zugezogen Maskulin ist heute erschienen. Es heißt "Alle gegen Alle", exakt genauso wie die neue Single. Zu der gibt es jetzt auch ein Musikvideo in wunderschön postapokalyptischer Kulisse:

ZUGEZOGEN MASKULIN - ALLE GEGEN ALLE (Musikvideo)



Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26286

Registriert seit 08.01.2012

2017-10-18 22:28:21 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

smartie
2017-07-25 17:51:22 Uhr
https://www.youtube.com/watch?v=yYEVSvwQQ_8

"refugees-welcome"-shirt? ernsthaft? O_o
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