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Anna Of The North - Lovers

Anna Of The North- Lovers

Honeymoon / Different / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 08.09.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Misstrauensvorschuss

Es gibt zunächst gute Gründe, Anna Of The North kritisch zu beäugen. Zum einen wäre da der Name. Sängerin Anna Lotterud kommt zwar tatsächlich aus Norwegen, aber sie ist nicht alleiniger Teil dieses schmissigen Elektro-Pop-Projekts. Neben ihr zeichnet sich ein gewisser Brady Daniell-Smith für die Kompositionen aus. Der ist Neuseeländer und somit weit weg von einer Sozialisation zum stoischen Nord-Mann. Zum anderen haben die hier liebevoll zerrissenen Chainsmokers einen entscheidenden Anteil daran, dass Anna Of The North mittlerweile eine breitere Aufmerksamkeit genießen dürfen. Der 2014 veröffentlichte Song "Sway" wurde erst durch den Remix des populären DJ-Duos zu einem gehypten Track auf den Blogs, die heutzutage so vorgeben, was momentan angesagt ist. Die beiden Spuren des Misstrauens führen zum Glück weitestgehend ins Nichts. Das liegt daran, dass das Debütalbum "Lovers" in seiner verspielten Schlichtheit verblüffend wenig Fehler macht.

Die Spielzeit der Songs ist auf Radiolänge verknappt, die Titelnamen sind kurz und prägnant, aber in den einzelnen Stücken selbst eröffnet sich doch recht viel. Ohne den schmetternden Ausrastfaktor, den beispielsweise Chvrches oder Purity Ring in ihre Synthie-Songs einbringen, träumt sich die Platte detailverliebt zum Grundsatz, runde Pop-Nummern abliefern zu wollen, die bestechender sind als der Ausschuss der vielen Mitbewerber. Die minimalistischen Synthie-Flächen treiben den glasklaren Gesang vor sich her und verbinden den feinen und zugleich fragilen Mix aus Rhythmus und Herzschmerz. Es fällt schwer, irgendwelche Highlights herauszustellen, weil nahezu jedes Stück passgenau essentielle Bestandteile des Gefühlslebens aufgreift und dies zu einer fast unverschämt reizenden Homogenität führt. Lotterud bringt die typisch kühle Aura, die skandinavische Sängerinnen häufig umgibt, perfekt auf die Platte. Von aufkommender Frostbeuligkeit kann in dem stellenweise sehr achtzigernahen Sound-Brodeln jedoch nicht die Rede sein.

In den zarten Melodiebögen spiegeln sich Wünsche, Ängste und Sehnsüchte, die doch irgendwo jedem guten Pop-Song innewohnen. Die Kunst besteht darin, der Beliebigkeit keine Chance einzuräumen. Odd-Future-Freigeist Tyler, The Creator erkannte jüngst dieses Talent und nutzte es für seine eigenen Zwecke. Auf den überhaupt nicht langweiligen Track "Boredom" seines Albums "Flower boy" holte er Anna Of The North und verlieh dem Stück die richtige Menge süße Melancholie. Was Frau Lotterud stimmlich anfasst, steht uneingeschränkt im oberen Regal. Als Bonus bekommt der Hörer noch sachdienliche Tipps für den Umstand, falls sich Damen ungewohnt heftig aufdrängen: "Just wants one thing from You / Your money, your money." Geld regiert nun mal die Welt und damit natürlich auch die kleine Welt, die sich Beziehung schimpft. Kurze Zeit später ist auf "Always" die Ermüdung durch die Liebelein greifbar. Das Album bewegt sich wohlig sowie nachvollziehbar durch die Phasen und Perspektiven (un)romantischer Möglichkeiten. Lediglich wenn das "Fire" ausbricht, ist dies ein winziger Verrat an der so imposant durchgezogenen Linie. Der Song fällt ab und stürzt sich in die Untiefen durchgenudelter Radio-Playlists. Das ist nach all den weggewischten Zweifeln absolut verzeihbar.

(Michael Rubach)

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Highlights

  • Lovers
  • Money
  • Friends

Tracklist

  1. Moving on
  2. Someone
  3. Lovers
  4. Money
  5. Always
  6. Feels
  7. Baby
  8. Friends
  9. Fire
  10. All I want

Gesamtspielzeit: 36:31 min.

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Armin

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2017-10-18 22:24:16 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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