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Marilyn Manson - Heaven upside down

Marilyn Manson- Heaven upside down

Caroline / Universal
VÖ: 06.10.2017

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Er bemühte sich stets

Wenigstens ist der Wille noch da bei Marilyn Manson. Denn die Diskografie geht weiter, obwohl seit der 1998er Glanztat "Mechanical animals" der Trend eher nach unten zeigte. Zu ausgelutscht die Schock-Taktiken, zu banal das Songwriting. Doch dann war da plötzlich "The pale emperor" mit seiner bluesigen Schwermütigkeit und der überraschend überzeugenden Vorstellung davon, wie man sich ein Alterswerk von Brian Warner ausmalen darf. Eine Kehrtwende? Oder doch nur das letzte Funkeln eines ausgebrannten Veteranen? Der anstehende Nachfolger "Heaven upside down" muss nun als richtungsweisende Antwort auf diese Fragen fungieren. Die fällt für keine der beiden Varianten eindeutig aus.

Als ob es den Vorgänger nie gegeben hätte, fällt Manson vor allem in den ersten Tracks häufig zurück in ein altbackenes Gemisch aus Bibelanleihen, Schimpfwörtern und ineffektiver Aggression, die schon die mediokren "The high end of low" und "Born villain" zum Großteil durchzog. Wer denkt, die Songs hinter Titeln wie "Say10", "Kill4me" oder "Je$u$ Chri$i$" seien wesentlich intelligenter, setzt klar aufs falsche Pferd. Letzterer ist textlich sogar so dämlich und stumpf geraten, dass er sich die goldene Himbeere der Musik redlich verdient hätte. "I write songs to fight and to fuck to / If you wanna fight then I'll fight you / If you wanna fuck I will fuck you." Sowas finden nicht mal Siebtklässler in der Klosterschule noch ansatzweise subversiv.

Gute Frage, wer im Jahr 2017 noch Bibel-Kritik etwas abgewinnen kann, wenn sie so uninspiriert wie "Fuck your Babel and your battle" oder "Cocaine and Abel" daherkommt. Klar sollen Songs wie der brachiale Opener "Revelation #12" nach den Hassattacken von "Antichrist superstar" klingen. Aber es ist zu bemüht, ohne das ursprüngliche Feuer springt kein Funke über. Warum auch ausgerechnet mit "We know where you fucking live" ein jeglicher Originalität beraubter Industrial-Standard als erste Single veröffentlicht wurde und "Kill4me" ein nur um wenige Millimeter erfolgreicherer Poptrack als Nachfolger hinterher kam, weiß der Geier. Denn hat man die öde erste Hälfte überstanden, blüht "Heaven upside down" noch einmal auf.

Das erwähnte "Je$u$ Chri$i$" mal ausgenommen, können die zurückhaltenderen und klar an die Atmosphäre von "The pale emperor" erinnernden Tracks des hinteren Plattenteils durchaus doch noch Zweifler zurück ins Boot holen. "Saturnalia" positioniert Manson nicht ohne Grund als Wendepunkt und zentrales Stück. Die Überlänge lässt dem Song Zeit, seinen Groove zu finden, immer wieder in geheimnisvolle Instrumentalparts zurückzufallen und gleichsam mit drückenden Refrains die Stimmung anzuheizen. "Blood honey" trifft mit dem Sentiment "You only want me when I'm upside down" auf den angenehm theatralischen Liebeskummer von "Eat me, drink me". Es geht auch hier nicht ohne die Verweise auf Referenzpunkte im Manson-Œuvre, aber wenigstens entsteht das Gefühl, einem gehaltvollen Neuzugang zuzuhören.

Das verstärken die beiden Schlusstracks sogar noch. Der Titeltrack sucht dem Glamrock und findet die zurückhaltende, melodiebetonte Hymne, die bisher verweigert wurde. Und wenn sich aus der pianogestützten Shownummer "Threats of romance" doch noch ein mitreißender Brüllpart herausschält, ist spürbar: So ganz sollte man ihn doch noch nicht abschreiben, den selbsternannten "Lord of fuck". Dass er wie ein Relikt vergangener Zeiten wirkt, daran ändert "Heaven upside down" so wenig wie seine Vorgänger. Manson bemüht sich einfach noch zu sehr, die Fahne des Schockrockers aufrecht zu erhalten. Wie schon "The pale emperor" zeigen auch rund 50 Prozent von "Heaven upside down": Wenn er das lässt, können richtig gute Songs entstehen. Zu dumm, dass Manson selbst lieber seine platte Seite in den Vordergrund rückt. Zu dumm, dass dadurch viele gar nicht bis zum besseren Kern durchdringen.

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • Saturnalia
  • Heaven upside down
  • Threats of romance

Tracklist

  1. Revelation #12
  2. Tattooed in reverse
  3. We know where you fucking live
  4. Say10
  5. Kill4me
  6. Saturnalia
  7. Je$u$ Chri$i$
  8. Blood honey
  9. Heaven upside down
  10. Threats of romance

Gesamtspielzeit: 47:32 min.

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User Beitrag

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 10796

Registriert seit 23.07.2014

2020-12-23 22:03:42 Uhr
Der ist ja auch dabei beim "You're so vain"-Cover auf der "Born Villain". Das Album muss ich die Tage auch unbedingt mal hören.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31725

Registriert seit 07.06.2013

2020-12-23 21:40:33 Uhr
Das ist ja echt Johnny Depp in dem "SAY10"-Video. Naja, zumindest bessere Schauspielleistung als die letzten 15 Jahre.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31725

Registriert seit 07.06.2013

2020-12-23 21:28:33 Uhr
Gestern mal gehört und weniger schlecht als ich dachte. Gerade die ersten drei Songs und auch "Jesus Crisis" (ja sorry) fand ich eigentlich ganz cool, auch weil ich es mag, wenn Manson verzerrt schreit. Klar schwächer als der Vorgänger, aber zumindest besser als dessen zwei Vorgänger. Kann man machen.

Web2.0

Postings: 484

Registriert seit 09.10.2019

2019-10-18 23:13:40 Uhr
Eigentlich ganz geil, das Album. An seine Großtat "Eat me, Drink me" wird er ja ohnehin kaum mehr herankommen, so ein Album macht man nur einmal im Leben.

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 9320

Registriert seit 26.02.2016

2018-03-23 20:10:39 Uhr
Das hat ja auch nicht mal der Promotext behauptet, wenn er die Musik als "sensationalist" bezeichnet.
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