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Godspeed You! Black Emperor - Luciferian towers

Godspeed You! Black Emperor- Luciferian towers

Constellation / Cargo
VÖ: 22.09.2017

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Holiday in Dystopia

Es läuft nicht immer alles nach Plan. Da hat man den Spätsommerurlaub schon lange im Kalender. Freut sich auf Sonne, Entspannung und Erholung. Und dann kommt quasi kurz vorm Abflug noch die neue Godspeed You! Black Emperor vom Chef auf den Tisch. "Hier, Heinecker, nehmen Sie die mal mit. Zu viel Faulenzen tut auch nicht gut." Da sitzt man nun auf dem Balkon der Ferienwohnung mit Strandblick, schlürft am Gin Tonic und versucht, das alles mit der apokalyptischen Grundstimmung des kandischen Kollektivs in Einklang zu bringen. Denn Godspeed You! Black Emperor haben auch auf ihrem sechsten Album "Luciferian towers" nichts mit Palmenwedel und sanfter Brise am Strand zu tun. Höchstens mit Waldbrand und Sturm. Doch die Atmosphäre ist nach wie vor universell einnehmend. Sobald die Platte läuft, ist man drin in ihrer Welt. Alles läuft nur noch nach den Regeln der Truppe.

Strukturell ist "Luciferian towers" ihrem Quasi-Comeback-Album "'Allelujah! Don't bend! Ascend!" am ähnlichsten. Vier Stücke sind es: zwei kürzere Ausflüge und zwei längere Epen – letztere für die digitale Version übrigens nur rein formal auf je drei Tracks verteilt. War auf den letzten Werken viel Drone in der Mischung enthalten, ist auf "Luciferian towers" höchstens "Fam / Famine" der drückend schwirrenden Meditation verdächtig, erzeugt wird die anschwillende Masse lediglich mit den Instrumenten des Orchesters. Der ebenso "nur" rund sieben Minuten zählende Opener "Undoing a luciferian towers" bringt sein Crescendo hingegen über die Ausbruchsgrenze hinaus, stürzt sich in kakophonisches Chaos, bevor sich die meisten Spieler doch auf eine gemeinsame Melodie einigen können.

Von der letzten Tour bekannt sind bereits die beiden Longtracks "Bosses hang" und "Anthem for no state". Vor Publikum ohnehin den Test erfolgreich durchlaufen, finden Godspeed You! Black Emperor abermals für die konservierte Version eine grandiose Form. Insbesondere erinnert "Bosses hang" mit seinem regelrecht optimistischen Motiv an selige Zeiten, in denen sich "Lift your skinny fists like antennas to heaven" sogar anschickte, Euphorie statt Dystopie auszustrahlen, nach oben zu blicken anstatt in den Abgrund. In der Mitte trudelt der Song ins Auge des Sturms. Waffenstillstand ist das allerdings höchstens, die Kernbestandteile beäugen sich misstrauisch, um sich doch einander anzunähern. Abermals Chaos, abermals ekstatischer Lärm folgt, bevor die Anfangsmelodie den Hörer in wohlvertraute Arme nimmt.

Die Paradedisziplin der Band ist jedoch nach wie vor der Walzer der Apokalypse. In seinen Anfängen wirkt das abschließende "Anthem for no state" resignierend und klagend, fast unbemerkt mischt sich im folgenden Part ein marschierender Rhythmus unter die Lethargie. Man könnte das Finale als Angeberei auffassen, so sehr zeigen die Kanadier noch einmal die Zähne und welche Gewalt sie imstande sind zu vermitteln. Dudelsäcke pusten die Rohre durch, der Kontrast zwischen elektrisiert zuckenden Gitarren und der behutsam geführten Melodie im Vordergrund führt zur unausweichlichen Entladung in befreiender Postrock-Manier. Es unterstreicht die im begleitenden Manifest aufgestellte Forderung für ein Ende aller Ländergrenzen auf gleichermaßen entschlossene wie optimistische Weise. Damit wird dem letzten Zweifler klar, dass Godspeed You! Black Emperor auch ohne Mammutwerke jenseits von einer Stunde Länge fesselnde Breitwandepen hervorzaubern. Und die martialische Entschlossenheit des imposanten Soundbilds bis in jedes Urlaubsziel der Welt dringt.

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • Bosses hang
  • Anthem for no state

Tracklist

  1. Undoing a luciferian towers
  2. Bosses hang
  3. Fam/Famine
  4. Anthem for no state

Gesamtspielzeit: 43:54 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31725

Registriert seit 07.06.2013

2018-12-19 18:18:50 Uhr
Ist schon wieder ein schönes Album geworden.

Bonzo

Postings: 2953

Registriert seit 13.06.2013

2017-11-07 01:26:07 Uhr
Das sind schon Luxusprobleme, wenn man nach den ersten Takten von Mladic enttäuscht ist, dass man Moya nicht bekommt. :)

Dadurch hatte das Konzert leider eine suboptimale Dynamik, weil ich mit Anthems for no state überhaupt nichts anfangen kann und bei BBF 3 erstmal wieder reinkommen musste.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31725

Registriert seit 07.06.2013

2017-10-05 12:11:47 Uhr
So bisschen brutaler wie eben "Mladic" wäre schon mal wieder geil.

Mayakhedive

Postings: 2515

Registriert seit 16.08.2017

2017-10-05 08:18:43 Uhr
Gut, bei mir war es gerade der erste Durchlauf und ich fand "Mladic" auch nicht auf Anhieb grandios. Sicher auch eine Stimmungssache, aber zur Zeit ist das irgendwie noch nix.
Marküs
2017-10-05 08:09:34 Uhr
Ich finde das Album extrem geil. Bosses hang ist der Hammer! Hat aber alles ein paar Durchläufe gebraucht.
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