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Lucy Dacus - No burden

Lucy Dacus- No burden

Matador / Beggars / Indigo
VÖ: 09.09.2016

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Heul doch

Menschen, die unerschütterlichen Anstand beweisen, stets Danke und Bitte sagen, allen die Tür aufhalten, vor ihrem Erscheinen vorsichtig anklopfen, sich nicht entschuldigen, sondern um Entschuldigung bitten, und das am besten drei-, viermal hintereinander – da platzt so manchen Arschlöchern die Hutschnur, sie stellen die Knigge-Freunde zur Rede, bis sie sie zum Weinen bringen. Als ob es ein Zeichen der Schwäche wäre, sich konsequent zurückzunehmen! Zum Glück tritt Lucy Dacus aus Richmond, Virginia mit ihrem treffend betitelten Debütalbum "No burden" an und liefert Gegenbeweise im handlichen Indie-Rock-Format.

Das Album beginnt mit einer Nebelkerze im koketten, augenrollenden Singsang zu "I don’t wanna be funny anymore", verspricht das Spiel mit der Alt-Stimmlage doch, dass Dacus über den Dingen steht und weiß, was sie will. Hiervon bleibt nach Zeilen wie "Is there room in the band? / I don't need to be the front man" jedoch wenig übrig. In "Troublemaker doppelgänger" sehnt sie sich eine emotionale Utopie herbei: "I wanna live in a world where I can keep my doors wide open." Boshafte Menschen werden der 21-Jährigen unterstellen, dass sie noch zu jung ist, um mit den Unzulänglichkeiten des Lebens souverän – oder eher verbittert? – umgehen zu können. Gleichwohl ist der Song an sich viel zu packend, viel zu gekonnt zusammengesetzt, um sich zu einer dermaßen einfachen Interpretation hinreißen lassen zu dürfen.

Ähnliches gilt für "Strange torpedo" – womit nicht gemeint ist, dass so manche Frau damit Tampons beschreibt. Benannt nach einem Zitat aus "Fear and loathing in Las Vegas" spiegelt der Song die Gratwanderung im Umgang mit einem Partner mit Selbstzerstörungsdrang: "You're a strange torpedo on the loose / And I’ll play the fool." Man muss es sich vor Augen führen: Das Album nennt sich "No burden", doch die Ich-Erzählerin trägt sich von sich aus eine ungeheure Verantwortung auf. Der Krampf findet in "Trust" weiteren Ausdruck, wenn sie beschreibt, wie ihr ihre bisherige Welt zusammengebrochen ist und sie für sich ein neues Fundament schaffen muss.

Immerhin: Aufgeben ist keine Option. Bei aller Schwäche und allen Ohnmachtsgefühlen ist der Wille zum Fortschritt, zu neuen Maximen, verdammt mutig. Damit ist "No burden" ein im besten Sinne merkwürdiges Album: Die bloße Beobachtungsgabe steht beinharten Künstlerinnen wie Courtney Barnett in nichts nach, auch das Gitarrenspiel ist ähnlich anziehend. Doch wo Barnett mit achselzuckend-schnodderiger Unmittelbarkeit brilliert, setzt Lucy Dacus auf eine Aufrichtigkeit, die einen kalt erwischt, besorgt und schlussendlich berührt.

(Sohiel Partoshoar)

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Highlights

  • Troublemaker doppelgänger
  • Strange torpedo
  • Direct address

Tracklist

  1. I don't wanna be funny anymore
  2. Troublemaker doppelgänger
  3. Green eyes, red face
  4. Strange torpedo
  5. Dream state...
  6. Trust
  7. Map on a wall
  8. Direct address
  9. ...Familiar place

Gesamtspielzeit: 35:57 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Hanno (unangemeldet)
2016-12-25 21:12:56 Uhr
Kann gar nicht glauben, daß es an dieser Stelle technische Restriktionen geben sollte. Wo ist denn Charlotte :-)

Sohiel

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 160

Registriert seit 01.06.2016

2016-09-08 00:20:25 Uhr
@poser: Argh, jetzt wo du es sagst... Leider kann ich die Referenzen nicht mehr entsprechend ergänzen.

Sick

Postings: 269

Registriert seit 14.06.2013

2016-09-07 22:28:09 Uhr
"Strange Torpedo" ist geil.

poser

Postings: 2309

Registriert seit 13.06.2013

2016-09-07 21:48:59 Uhr
Schönes Album. Die Sängerin ist so eine Art Mischung aus Florence von Florence + the Machines und Joni Mitchell.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26281

Registriert seit 08.01.2012

2016-09-07 21:17:28 Uhr
Frisch rezensiert.

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