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Omni - Deluxe

Omni- Deluxe

Trouble In Mind / Cargo
VÖ: 15.07.2016

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

SMS von gestern Nacht

Immer diese Deluxe Editions. Was da alles drin sein kann. Großformatige Poster. Überdimensionale Fotobücher. Band-Flaggen, die mit schöner Regelmäßigkeit beim nächsten Festival abhanden kommen. Manchmal sogar menschliche Zähne. Und natürlich doppeltes und dreifaches Vinyl – samt Verpackung, die auseinandergefaltet mitunter Platz für eine ganze Hundefamilie bietet. Doch Raum ist bekanntlich auch in der kleinsten Hütte. Und wenn er nur für ein paar ramponierte Instrumente reicht, um damit eine Handvoll Lo-Fi-verdächtigen Indie-Rock und Post-Punk auf die wackligen Beine zu stellen. Alles knarzt und scheppert, rauscht und knackt, bis Gitarrensaiten und Stimmbänder am Ende gleichermaßen alle Viere von sich strecken. So gesehen ist das Debüt von Omni aus Atlanta das genaue Gegenteil seines Titels.

Denn luxuriös wirkt es zumindest aufs erste Ohr nicht, was der Dreier um den ehemaligen Deerhunter-Gitarristen Frankie Broyles auf "Deluxe" veranstaltet. Dafür aber umso verdichteter und aufs Wesentliche reduziert – als hätte man das rohe "Monomania"-Album von Bradford Cox' Band aus einer krachigen Garage gezerrt und vor einen Schwarzweiß-Fernseher mit besonders grieseligem Bild verfrachtet. Gefühlter Standort des Ganzen ist neben der Hauptstadt von Georgia nämlich auch ein ums andere Mal New York – genauer gesagt das Studio in Manhattan, wo Television 1977 mit "Marquee moon" ein anerkanntes Meisterwerk des Proto-Punk einspielten. Sie wissen schon: Alles knarzt und scheppert, rauscht und knackt. Bei Omni genauso wie einst bei Tom Verlaine und Kollegen. Aber Achtung: Viel Zeit bleibt nicht.

Die halbe Stunde, die ihnen auf "Deluxe" zur Verfügung steht, nutzen Broyles und seine beiden Mitstreiter allerdings bestmöglich. Dabei ist sich das Trio der eigenen Sterblichkeit bewusst, prescht im zeitsparenden Schweinsgalopp durch den zackigen Opener "Afterlife", in dem Sänger Philip Frobos zu spröden Tempowechseln über sein Ableben sinniert, bis es mit dem Song in weniger als zwei Minuten ein abruptes Ende nimmt. Im nächsten Leben wartet schon eine "Wednesday wedding", auf der es ähnlich gehetzt zugeht wie beim Speed-Dating auf dem Standesamt, während sich Frobos über scharf quietschenden Licks und kompakter Bass-Schlagzeug-Grundierung darüber beschwert, dass niemand ans Telefon geht. Immerhin: Wenigstens David Byrne und Albert Hammond Jr. scheint die SMS von gestern Nacht erreicht zu haben.

Der spitzfindige Schleifer "Wire" schwingt sich jedenfalls nach moderatem Beginn zum gleichen klirrenden Stakkato wie "Cities" von Talking Heads auf und bekommt in den Breaks eine Wurzelbehandlung mit vorsintflutlichen Elektronik-Shots verpasst. Anderswo steigt gleich mehrfach der staubige Charme der frühen Strokes auf: "Jungle Jenny" schwingt sich nicht etwa von Liane zu Liane, sondern von "Reptilia" zur quengeling-rhythmusbetonten Spielart des College-Indierock, und auch das schrill aufdrehende "78" hätte Julian Casablancas seinerzeit ordentlich die Schuhe beziehungsweise Lederjacke ausgezogen. Schnell noch einen "Cold vermouth" mit wohldosierten Handclaps gekippt – und dann nichts wie raus aus diesem grandiosen Schwitzkasten von einem Album, das nun wirklich keine Deluxe Edition benötigt, um vollends zu überzeugen.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Afterlife
  • Wednesday wedding
  • Wire
  • Jungle Jenny

Tracklist

  1. Afterlife
  2. Wednesday wedding
  3. Wire
  4. Earrings
  5. Jungle Jenny
  6. Cold vermouth
  7. Eyes on the floor
  8. Siam
  9. Plane
  10. 78

Gesamtspielzeit: 30:13 min.

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