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Stefan Dettl - Soultrain

Stefan Dettl- Soultrain

AOR / Sony
VÖ: 18.03.2016

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 2/10

I woar no niemois in Nujoak

Eine gewisse Gemütlichkeit wird den Chiemgauern nachgesagt. Das muss wohl so kommen, wenn Natur, See und kühles Bier die Lebensgrundlage bilden – um das Klischee aus Sicht des Außenstehenden mal voll auszuschöpfen. Stefan Dettl, seines Zeichens Frontmann der Pustebacken-Sensation LaBrassBanda, passt von seinem Wesen und seiner grundsympathischen Art her genau in dieses Bild, trotz oder gerade wenn er mal auf dem Chiemsee-Summer-Festival einen Auftritt volltrunken versemmelt oder einfach mit minutenlangen Ansagen auf der Bühne unterhält. Was dazu nicht passt, sind die Arbeitsfrequenz und Unermüdlichkeit, mit denen er seinen Output in die Welt bringt. Der Mann ruht sich schlichtweg nicht aus. Hat die Hauptband nach Teilnahme am ESC-Vorentscheid, Top-3-Album und Liveaufnahme im Kuhstall mal ein Jahr Pause, wird eben das Soloprojekt fortgeführt. Klappte ja zuvor schon gut, als der LaBrassBanda-Sound für die eigenen Kinder leicht in Richtung Rock verschoben wurde. Doch anno 2016 steht der Sinn nach etwas Anderem. "Soultrain" nennt er seine dritte Platte und präsentiert sich im Artwork schwarzweiß, huttragend und nachdenklich. Was sagt das aus? Hat er die gute Laune verloren? Ist etwa das Schlimmste passiert?

Natürlich nicht. Um Dettl braucht man sich keine Sorgen machen, mehr denn je wirkt er auf "Soultrain" wie jemand, der genau das tut, worauf er Bock hat. Und das ist aktuell eine Platte, die vollkommen entspannt daherkommt, nach Smooth Jazz und Soul klingt und sich sowohl vom hektischen Ska als auch vom Gitarren-Rock fast gänzlich distanziert. Dettl machte vorab seinen Anpruch klar: "In New York oder New Orleans in einem kleinen Soulclub zu spielen – und nicht rauszufliegen, das wäre das Ziel." Der Wille lässt sich heraus hören, denn "Soultrain" klingt oft nach der Jam-Session einer eingespielten Truppe. Nicht umsonst wird Miles Davis in einem der Stücke prominent erwähnt und "Bitches brew" auf "Kind of blue" gereimt. Die Songs nehmen sich Zeit und verlassen die konventionelle Songstruktur regelmäßig. Wenn sich eingegroovt wurde, wird gerne mal ein paar Minuten mit Ideen gespielt oder um ein paar Textzeilen herumgekreist. Die Assoziation beim Hören ist allerdings weniger New York, sondern leider vielmehr Unterföhring: Unweigerlich entsteht das Bild der Backingband einer Late-Night-Show, die vor und nach der Werbepause als Übergang locker einen wegswingen. Das klingt folglich angenehm, gefällig, das stört nicht – und genau darin besteht auch das Hauptproblem.

Im seinem Katalog haben die ruhigen, getragenen Stücke durchaus für Highlights gesorgt, zum Beispiel das wunderschöne "Deyda" vom Zweitling der Hauptband oder "Bamba" von "Summer of love". Auf "Soultrain" macht jedoch häufig die Dosis das Gift. Dettl verzichtet ganz bewusst auf Kontrapunkte im Programm, verlässt sich auf den eigenen Groove und seine äußerst fähigen Mitmusiker. Einigen Songs fehlt jedoch der strukturelle Rahmen. "Soultrain" ist einer der Fälle, die zeigen, dass sich der Spaß beim Aufnehmen eines Albums nicht zwangsläufig auch auf das Hörerlebnis übertragen muss. Was im Proberaum ganz lässig klingt und live wahrscheinlich auch funktionieren dürfte, gerät im Wohnzimmer oder in der U-Bahn über die Spielzeit hinweg etwas abwechslungsarm. Schwungvollen Stücken wie dem griffigen Instrumental "Oktober" und den gelungenen Singles "Superman" und "Soultrain" stehen Ziellosigkeiten wie "Glücklich" und "The one" gegenüber. In Letzterem gibt er den trunkenen, verlassenen Lover und quält sich durch Zeilen wie "Au, i hob an Schädelau" und "I gave you a thousand things / I bought you diamond rings."

Überhaupt ist textlich der Englisch-Anteil gegenüber dem – hm, naja – Deutschen um einiges erhöht worden. Ein bisschen schade, denn gerade das bayrische Gebrummel verbunden mit verschmitzten Lebensbeobachtungen ist einer der reizvollsten Bestandteile von Dettls Musik. Stattdessen gibt es an vielen Stellen arg plattes angelsächsisches Basisvokabular, das in den zuvor erwähnten Soulclubs mindestens für Stirnrunzeln sorgen würde und allenfalls beim Nebenbeihören nicht negativ auffällt. Und dazu sind zu viele Songs dieses Projekts leider nur geeignet: Hintergrundrauschbeschallung. Diesem Soul-Zug hätten ein paar mehr Kohlen im Feuer gutgetan.

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • Superman
  • Soultrain
  • Trachtenbua
  • Oktober

Tracklist

  1. Superman
  2. Soultrain
  3. The one
  4. Bester Freind
  5. Lonely boy
  6. Baby
  7. Trachtenbua
  8. Tanzbär
  9. Glücklich
  10. Oktober
  11. I don't need your love
  12. Khao phad gai

Gesamtspielzeit: 55:16 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26286

Registriert seit 08.01.2012

2016-03-16 20:39:24 Uhr
Frisch rezensiert!

Meinungen?

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26286

Registriert seit 08.01.2012

2016-02-22 17:44:14 Uhr
mit seiner Band LaBrassBanda teilte er sich im letzten Jahr beim legendären Sziget-Festival in Ungarn die Bühne mit den Kings of Leon und Robbie Williams und hinterließ bei Konzerten in Glasgow völlig euphorisierte Schotten. Und genauso wenig wie ihn Ländergrenzen scheren, halten ihn Genregrenzen auf. Nur konsequent also, dass Stefan Dettl nach „Rockstar“ (2011) und „Summer Of Love“ (2012) jetzt eine Soulplatte namens „Soultrain“ rausbringt.

„Ich wollte Musik machen, die überall auf der Welt funktioniert. Dass ich aus Bayern komme, soll dabei keine Rolle spielen. In New York oder New Orleans in einem kleinen Soulclub zu spielen – und nicht rauszufliegen, das wäre das Ziel“, sagt Stefan Dettl. Doch sind das nicht Pläne, die ein bisschen zu hoch fliegen? Nein! Definitiv nicht! Denn Stefan Dettl mag zwar aus der bayerischen Provinz kommen, aber wenn er eines ganz sicher nicht ist, dann provinziell.

Und schon nach ein paar Takten von Soultrain ist alles, was man über Stefan Dettl zu wissen glaubt, hinfällig. Auf einmal ist dieses ganze Bayern-Dings ganz weit weg. Hier spielt einer den Soul als hätte er noch nie etwas anderes gemacht. Ein starkes Album mit 12 wunderbaren, abwechslungsreichen Songs mit Substanz ist entstanden.

„Soultrain“ erscheint am 18.03.16 via RCA/SonyMusic als CD (limitiert mit 28-seitigem Booklet + schwarzem Tonträger) und Doppel-Vinyl (2LP à 180g im Gatefold inkl. Download-Code). Einen Tag später (Samstag, den 19.03.) findet das Release-Konzert in der Muffathalle München statt.

Video „Superman“: https://www.youtube.com/watch?v=w45bmPfzKAo

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26286

Registriert seit 08.01.2012

2016-01-22 15:13:19 Uhr
Stefan Dettl



Cover

„Soultrain“

Album-Release: 18.03.2016 als CD du Vinyl durch RCA/ Sony Music



„In New York oder New Orleans in einem kleinen Soulclub zu spielen – und nicht rauszufliegen, das wäre das Ziel“, sagt Stefan Dettl. New York? New Orleans? Ist das nicht ein bisschen sehr weit weg für einen, der von den Medien gern auf seine oberbayerische Heimat inklusive sämtlicher Lederhosen- und Weißbier-Klischees reduziert wird? Sind das nicht Pläne, die ein bisschen zu hoch fliegen? Nein! Definitiv nicht! Denn Stefan Dettl mag zwar aus der Provinz kommen, aber wenn er eines ganz sicher nicht ist, dann provinziell. Denn Ländergrenzen haben ihn noch nie interessiert, nur wenn es darum ging, sie zu überschreiten.



Mit seiner Band LaBrassBanda teilte er sich im letzten Jahr beim legendären Sziget-Festival in Ungarn die Bühne mit den Kings of Leon und Robbie Williams, hinterließ bei Konzerten in Glasgow völlig euphorisierte Schotten – und spielte mal eben zusammen mit der englischen Punk-Ikone Captain Sensible (The Damned) dessen Kulthit „Wot“ neu ein. Und genauso wenig wie ihn Ländergrenzen scheren, halten ihn Genregrenzen auf.



Nur konsequent also, dass er jetzt eine Soulplatte gemacht hat. Es ist sein drittes Solo-Album nach „Rockstar“ (2011) und „Summer Of Love“ (2012). Bei den beiden Vorgängern tauschte er die Trompete gegen die Gitarre und blieb bei bayerischen Texten, für „Soultrain“ hat er die Gitarre wieder weggepackt, und singt viele Stücke auch in Englisch. Stefan Dettl sagt: „Es ging mir nicht darum, so was wie deutschen Soul zu machen. Was soll das überhaupt sein? Ich wollte eine Soulplatte machen, die überall auf der Welt funktioniert. Dass ich aus Bayern komme, soll dabei keine Rolle spielen.“ Kein leichtes Unterfangen, man weiß schließlich, wie wenige deutsche Künstler international überhaupt auch nur wahrgenommen werden. „Von unseren Auftritten in Russland, Afrika, Amerika und England habe ich so viel mitgenommen und so viel darüber gelernt, wie Musik auf der ganzen Welt funktioniert, das wollte ich jetzt umsetzten. Dafür schien mir Soul der ideale Weg“, erzählt Dettl.



Es klappt! Und wie! Gleich der erste Song „Superman“ schleicht sich mit einem federnden Pianothema an wie ein Gangster im Maßanzug im Chicago der Zwanziger Jahre. Dann übernehmen die Bläser und man hört Dettl singen wie man ihn bis dahin noch nie singen gehört hat. Er zieht die Vokale in die Länge, er nuschelt, er raunzt: „I’m waking up, sun is shining in my eyes“ Und schon nach ein paar Takten ist alles, was man über Stefan Dettl zu wissen glaubt, hinfällig. Auf einmal ist dieses ganze Bayern-Dings ganz weit weg. Hier spielt einer den Soul, als hätte er noch nie etwas anderes gemacht.



Und genauso klassisch soulig geht es weiter. Beim Titeltrack „Soultrain“ wechselt Dettl vom Englischen zurück ins Bayerische und rappt: „Auf oamoi: Boom, da danzt der ganze Dachbodn, mit olle Nachbarn, I kriag an Dachschadn“. Und plötzlich fühlt es sich an als wäre es zwei Uhr morgens in einem verrauchten Keller-Club und alle fangen an zu tanzen. Viel mehr Party geht nicht! Auch „Bester Freind“ kommt im breitesten Bayerisch daher. Aber so richtig merkt man das tatsächlich erst beim zweiten oder dritten Hören. Dettl sprechsingt so flüssig und harmonisch zu Sixties-Georgel und verzerrten Gitarren, dass man sich unweigerlich fragt, warum das vor ihm noch niemand so gemacht hat. Wo scheinbar Welten aufeinander treffen, klingt auf einmal alles so, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt; Soul ist eben universell!



Es kann also sehr gut sein, dass Stefan Dettl und seine Band bei Auftritten in New York oder New Orleans weit mehr als nur ihr Minimalziel - nicht rauszufliegen - erreichen werden. Ziemlich sicher werden sie die eine oder andere Zugabe spielen.



„Soultrain“ ist ab 4. Februar vorbestellbar und erscheint am 18.03.16 via RCA/Sony Music als CD (limitiert mit 28-seitigem Booklet + schwarzem Tonträger) und Doppel-Vinyl (2LP à 180g im Gatefold inkl. Download-Code). Einen Tag später (Samstag, den 19.03.) findet das Release-Konzert in der Muffathalle München statt.



Weitere Infos unter:

www.stefan-dettl.de

www.facebook.com/stefandettl

www.sonymusic.de

www.rcadeutschland.de

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