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Abbath - Abbath

Abbath- Abbath

Season Of Mist / Soulfood
VÖ: 22.01.2016

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Schwarzweiß-Malerei

Die großartigsten Typen im Musikgeschäft sind immer noch diejenigen, die auf den ersten Blick offensichtlich ihr eigenes Klischee bedienen. Um genau dieses beim zweiten Blick mit lockerer Hand und breitem Grinsen zu zertrümmern. Im Black Metal, das ja durchaus – je nach Subgenre – so manchen mit heiligem Ernst durchsetzten Charakter aufzuweisen hat, macht dies offenbar besonderen Spaß. Vorreiter Nummer 1: Gylve Nagell alias Fenriz, mit Darkthrone selten um eine Provokation verlegen, aber ein überaus profunder Kenner der Szene. Nummer 2: Olve Eikemo, genannt Abbath. Wohl wenige frönen so konsequent der Maskierung per Corpsepaint wie der Bergener. Wohl wenige schaffen es, dahinter ein permanentes Grinsen zu verbergen, ist der Sänger und Gitarrist doch durchaus für seinen schrägen Humor bekannt. Und wohl wenige haben dem Genre so ihren Stempel aufgedrückt wie ebenjener Abbath im Verbund mit zwei Herren, die auf die Pseudonyme Demonaz und Horgh hören. Besser gesagt: Die Band Immortal.

Insofern war vor Jahresfrist die Meldung über die endgültige Trennung von Immortal ein ziemlicher Paukenschlag. Zudem die beiden Alphatiere Demonaz und Abbath, die zeitweilig gar verschwägert waren, ihrem Frust über die Trennung in den üblichen Szene-Organen lautstark Ausdruck verliehen. Doch abseits des medialen Zickenkrieges gelang es Abbath, sich nach dem ersten Soloausflug von 2006 unter dem Namen "I" erneut mit dem nicht eben als Sympathieträger geltenden Bassisten King Ov Hell zusammenzutun, der bereits bei diversen norwegischen Größen wie Gorgoroth, God Seed und sogar Audrey Horne für die tiefen Töne zuständig war. Und die vermeintlich ungleiche Paarung funktioniert auf dem selbstbetitelten Albumdebüt ohrenscheinlich prächtig. Denn zunächst rüpeln die Skandinavier mit "To war!" reichlich kompromisslos daher, gurgelt Abbath seine kranken Vocals ins Mikro, während King mit wüsten Basslinien versucht, dem Chaos Struktur zu verleihen.

Aber dann. Was bitte ist "Winterbane" für ein Monstrum, was für ein unglaubliches Brett? Versuchen wir einmal eine Deutung: Nehmen wir einmal an, Eikemo hätte sich als Begleitband Jaz Coleman von Killing Joke, Peter Tägtgren von Pain, Tommy Victor von Prong sowie Trent Reznor ins Studio geholt. Klingt wüst? Nun, das Ergebnis wäre vermutlich ein Riff-Ungetüm wie "Winterbane". Mit exakt diesen tanzbaren Passagen, die sich mit hektischen Blastbeats in gesundheitlich bedenklicher BPM-Rate abwechseln. Unfassbar. Unfassbar großartig. Black Metal goes Dancehall? You bet. Und so durchgeknallt geht es weiter, angetrieben von einem völlig entfesselt aufspielenden Abbath. Bläser bei "Ashes of the damned"? Klar, kein Problem. Eine feiste Wall Of Sound wie in "Ocean of wounds", die wie der fiese Cousin der im Vergleich nachgerade lieblich wirkenden Borknagar daherkommt? Warum eigentlich nicht?

Selbst wenn man meint, jetzt würden die Skandinavier wie eingangs von "Count the dead" einen Gang zurückschalten, bleiben Überraschungen das Mittel der Wahl. Denn plötzlich wird das nicht sonderlich spektakuläre Riff durch ein Moshpit-mordendes Break zerrissen, für das so mancher seine Seele verkaufen dürfte. Einzig die komplette Raserei bei "Fenrir hunts" wirkt erstaunlich konservativ, wenn auch nicht weniger zerstörend. Klar: Olve Eikemo ist und bleibt ein Paradiesvogel im Pandagewand. Sowohl musikalisch wie auch menschlich durchaus unberechenbar – so nahm Drummer "Creature" kurz nach den Aufnahmen zu dieser Platte umgehend wieder seinen Hut. In der Wolle schwarz-weiß gefärbte Szenewächter werfen Abbath, der zu Immortal-Zeiten auch gerne im Krebsgang über die Bühne krabbelte, eh Verrat an den Szene-Idealen vor. Doch mit seiner eigenen Band gelingt es dem Frontmann eindrucksvoll, Konventionen einer Szene zu zerstören, die keine Konventionen haben will und mitunter doch in ihnen erstarrt, nimmt man einmal komplett abseitige Unterströmungen aus. "Abbath" ist über weite Strecken eine Demonstration, ungestüme und doch kanalisierte rohe Energie. Und somit ganz großer Black Metal.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • Winterbane
  • Ocean of wounds
  • Endless

Tracklist

  1. To war!
  2. Winterbane
  3. Ashes of the damned
  4. Ocean of wounds
  5. Count the dead
  6. Fenrir hunts
  7. Root of the mountain
  8. Endless

Gesamtspielzeit: 40:56 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
hliii
2016-02-09 19:46:38 Uhr
corpsepaint nicht vergessen

Felix

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 1

Registriert seit 23.12.2015

2016-02-09 19:30:13 Uhr
Schöne Rezension, schönes Album eines Szene-Urgetüms. Bin gespannt auf das Konzert in München.
Jens
2016-02-04 16:49:13 Uhr
Hab mir zugegeben nur 2-3 Songs über Soundcloud gegeben, die klangen ganz vielversprechend. Live in Hamburg war(en) Abbath am Dienstag aber eher enttäuschend, zumindest die neuen Songs. Die Immortalklassiker gingen gut ab, war aber das schwächste Konzert des Abends. Stattdessen ist das Geld in die letzte Inquisition geflossen, die waren neben Behemoth am besten. Dieses Jahr kommt ne neue Inquisition Platte, wär da ne Rezension möglich? :D

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26281

Registriert seit 08.01.2012

2016-02-03 21:54:23 Uhr
Frisch rezensiert!

Meinungen?
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