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Nova Heart - Nova Heart

Nova Heart- Nova Heart

Staatsakt / Caroline / Universal
VÖ: 02.10.2015

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Vor Drohkulisse

Helen Feng hat schon so einiges hinter sich. Sie war MTV-Moderatorin in China, sang für Fatima Al Qadiri eine Mandarin-Fassung von "Nothing compares 2 u" und wurde gar schon als "Debbie Harry von Peking" bezeichnet. Doch dann schlug es dreizehn: Über ihre Band Nova Heart, zu der anderen Medien wenig anderes als das ungelenke Etikett "Post-Punk-Pop" eingefallen war, erschien in der dicken, nennen wir sie einmal Qualitätszeitung "Die Zeit" glatt ein ganzseitiger Artikel. Das war der Chinesin, die sonst eher wenig Aufhebens um ihre Musik macht, dann doch einen hocherfreuten Tweet wert. Zuvor hatte das meist geschmackssichere Label Staatsakt zugegriffen und erneut ein gutes Händchen bewiesen. Und wer nun als Erster eine der Wegwerfphrasen "Reich der Mitte", "Exotenbonus" oder "53 süß-sauer" bemüht, muss leider ausscheiden.

Nein, so vordergründig gehen Frontfrau und Keyboarderin Feng, Bassistin Bo Xuan und Drummerin Shi Lu alias Atom auf ihrem Debüt mitnichten zu Werke. Im Gegenteil: "Nova Heart" schleicht sich auf so leisen Sohlen an, dass es zunächst den Anschein hat, die drei Asiatinnen könnten kein Wässerchen trüben. Nach der sanft elektronisch pluckernden Einleitung "A drive to our end" macht "Lackluster no." mit Spurenelementen aus Synthie-Pop und knorrigem Cold-Wave sowie Fengs behutsamen Vocals zwar ordentlich Eindruck, käme aber nie darauf, sich direkt bei irgendjemand auf den Schoß zu setzen. Erst allmählich schält sich aus präzisem Minimalismus und potenzierter Ladytron-Unnahbarkeit eine unterschwellige Bedrohlichkeit aus der Kulisse – und nach dem bizarren Niederkunfts-Videoclip steht fest: Hier läuft etwas falsch. Beziehungsweise richtig.

So sparsam instrumentiert und auf den Punkt sich dieses Album nämlich auch präsentiert – es bleibt stets ungreifbar, windet sich wie ein Aal unter Stromschlägen und entgleitet ein ums andere Mal. Allerdings nur dem Hörer – Nova Heart haben ihre Musik fest im Griff, wenn sie effektive Sequenzen, irrlichternde Gitarren-Reverbs und grummelige Bässe zu ungemein dichten Gebilden komprimieren. Referenzpunkte wie Electroclash, New Order mit Joy Division im Hinterkopf oder bulimische LCD Soundsystem schwirren glitzernd durch den Raum, verpuffen wieder und geben den Blick frei auf den körperlich spürbaren Groove-Karton "We are golden" oder das sehnig pumpende "No controversy", das mit zu Chicks On Speed schielender Sprechgesangseinlage, voluminösen Percussions und Handclaps Streit sucht. Doch Vorsicht: Die Band hat die besseren Argumente.

Vor allem, sobald sie den Post-Punk-Anteil hochfährt. "The queen is dead" probt scheppernd und melodieselig den Aufstand in der Prinzhorn Dance School, durch "Evil" tickert ein Kiss-Karikatur-Riff. Die gleiche Chuzpe wie Queen Of Japan bei ihrer "I was made for lovin' you"-Version bringen Nova Heart freilich nicht auf, leisten sich dafür aber mutwillige stimmliche Entstelltheit zu dosierter Power. Und auch ein bisschen Pop ist mit von der Partie: "Right wrong" lässt zunächst die Gitarre singen, bis das Stück in einen prächtigen Refrain hineinexplodiert. Allenfalls die abschließende Kühlschrank-Interpretation von Patti Smiths "Dancing barefoot" schert ein wenig aus – doch wie könnte die Verbeugung vor einer von Fengs Heldinnen diesem fantastischen Album schaden? "Nova Heart" mag kühl bis ans Herz sein, entfaltet aber eine berauschende Wirkung. Ein Heizpils, bitte.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • We are golden
  • No controversy
  • The queen is dead
  • Right wrong

Tracklist

  1. A drive to our end
  2. Lackluster no.
  3. We are golden
  4. My song 9
  5. No controversy
  6. Interlude
  7. The queen is dead
  8. Evil
  9. Star maker
  10. Right wrong
  11. Dancing barefoot

Gesamtspielzeit: 47:09 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Watchful_Eye

User

Postings: 2774

Registriert seit 13.06.2013

2015-11-09 21:38:44 Uhr
Selten ein so konsistent hochklassiges Album gehört.

Freunde der poppigeren The Knife bis einschließlich "Silent Shout" sollten da unbedingt mal reinhören, das AdW ist verdient.
Ynk
2015-10-27 15:24:20 Uhr
Schon schön.
Nur was ich nicht verstehe: "nennen wir sie einmal Qualitätszeitung" ist klar Kritik, Recht gegeben wird der "Zeit" aber trotzdem.
Und "zu der anderen Medien wenig anderes als das ungelenke Etikett 'Post-Punk-Pop' eingefallen war" klingt auch nicht nach begeisterter Zustimmung. Um dann am Ende doch grade die Songs zu loben bei denen der "Post-Punk-Anteil" hochgefahren wird. Viel fehlt da nicht...

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26286

Registriert seit 08.01.2012

2015-10-21 22:19:04 Uhr
Frisch rezensiert!

Meinungen?
Toni Joe Black
2015-06-21 13:40:04 Uhr
Fand die schon ihre "Nothing Compares to you"
Version auf dem "Asiatisch"-Album ganz toll...

Mixtape

User und Moderator

Postings: 1926

Registriert seit 15.05.2013

2015-06-17 18:50:56 Uhr
Das Debütalbum der chinesischen Band erscheint im Oktober auf Staatsakt. Der erste Song daraus erinnert mich etwas an The Xx: http://www.indieshuffle.com/nova-heart-lackluster-no/
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