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Avicii - Stories

Avicii- Stories

AM:PM / Universal
VÖ: 02.10.2015

Unsere Bewertung: 3/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Hände weg

Als einigermaßen geschmacksbegabter Mensch Mainstream-Radio zu hören, hat ja oft ein bisschen was von auditivem Elendstourismus: immergleiche Stampfbeats treffen auf Schulhofpoesie, vorzugsweise vorgetragen mit Schlumpfstimmen. Die DJ-Köpfe hinter dieser internationalen Musikverschwörung heißen David Guetta, Calvin Harris, Felix Jaehn und Avicii, die mit ihren EDM-Ohrwürmern seit einigen Jahren hartnäckig die Charts beherrschen. Avicii, bürgerlich Tim Bergling, ist einer der erfolgreichsten der derzeitigen Dancefloor-Babos und verleitet einen dank nervtötender Ohrwürmer à la "Hey brother" und "Wake me up" dazu, auch sein neues Werk "Stories" instinktiv abzuhaken. Aber, wie Kollege Cianci ja richtig bemerkt, die Professionalität verlangt ein unvoreingenommenes Vorgehen. Nun denn.

Die ersten drei Songs sind, wie zu erwarten, seichte EDM, hier ein bisschen jazziges Geklimper, da ein streunendes Saxophon, ansonsten hauptsächlich vorgekochte Beat-Dosenware. Bei "Ten more days" horcht man aber kurz auf, ein softes Folkpicking, souliger Gesang, etwas synthethisches Tuning und ein entschleunigter Rhythmus gefallen sogar dem kritischen Indie-Snob. Dessen Herz geht beim Intro von "A better day" noch ein bisschen weiter auf, das mit einer pathetischen Klaviermelodie gar an Arcade Fire erinnert, Alex Ebert, der kreative Kopf hinter Edward Sharpe & The Magnetic Zeros, steuert den gefühlvollen Gesang bei. Eigentlich wäre der Song großartig, wäre, ja, wäre da nicht der Refrain, in dem Bergling die Sympathie direkt verspielt, wenn das Klavier wieder im Utz-Utz-Beat versumpft. Dennoch ist der Song ein Highlight und leuchtet sehr hell im Vergleich zu dem, was danach so kommt. Denn schon mit dem nächsten Track verabschiedet sich der Schwede in Richtung Obsoleszenz.

Das hektische Keyboard-Gegniedel auf "Broken arrows" geht einem fast genauso auf den Zeiger wie der pseudo-urige Bluegrass-Gesang, Lederhos'n an einem Japaner können kaum lächerlicher wirken. "True believer", auf dem Coldplay-Frontmann Chris Martin (dank Filter kaum erkennbar) zu hören ist und "City lights" verhackstücken dann munter Detroit-Minimal-Ambitionen mit Weichspülpop, bei "Pure grinding" trifft ein merkwürdiger Trap-Beat auf 80s-Midi-Georgel, durch den Fleischwolf gejagt wird hier vor allem die Geduld des Zuhörers. Bei "Somewhere in Stockholm" vermutet man ja eine herzerwärmende Heimweh-Hymne des gebürtigen Stockholmers, kriegt stattdessen aber den Vocoder-Marsch geblasen, der sehr persönliche Text hat durchaus seinen Charme, versinkt aber im ewigen Rumgepitche und Effekt-Budenzauber.

Mit "Trouble" kommt dann auch noch der perfekte Song, um Samstag nachmittags in Endlosschleife die Verkaufsräume einer bekannten schwedischen Modekette zu beschallen. Und genau das ist das Problem des gesamten Albums: Bis auf einige lichte Momente hinterlässt "Stories" keinen bleibenden Eindruck, verschwimmt zu belanglosem Hintergrund-Gedudel, aus dem nur hin und wieder verzerrten Stimmen und Holzhammer-Beats penetrant hervorragen. Zwar zeigt seine neue Platte, genau wie schon der noch etwas mehr chartanbiedernde Vorgänger "True", dass Avicii durchaus ein Händchen für gut gemachten, eingängigen Pop hätte. Dennoch wäre zu wünschen, dass Bergling selbiges Händchen mal ein bisschen von der Mashup-Taste und den Bassreglern lässt. Vielleicht ja dann beim nächsten Album.

(Martina Bähring)

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Highlights

  • Ten more days
  • A better day

Tracklist

  1. Waiting for love
  2. Talk to myself
  3. Touch me
  4. Ten more days
  5. A better day
  6. Broken arrows
  7. True believer
  8. City lights
  9. Pure grinding
  10. Sunset Jesus
  11. Can't catch me
  12. Somewhere in Stockholm
  13. Trouble
  14. Gonna love ya
  15. The nights

Gesamtspielzeit: 54:32 min.

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User Beitrag

Demon Cleaner

User und Moderator

Postings: 5646

Registriert seit 15.05.2013

2016-03-30 10:03:38 Uhr
Aloe Blacc can wake up now because apparently it’s all over.

:-D :-D :-D
fakeboy
2016-03-29 14:45:39 Uhr
Man munkelt ja, er habe lediglich seinen USB-Stick verlegt und keine Lust ihn zu suchen...
recent
2016-03-29 14:21:55 Uhr
er löst sich quasi auf.

http://www.derwesten.de/thema/edm/schwedischer-dj-avicii-verkuendet-abschied-aus-dem-musik-business-id11687544.html

Demon Cleaner

User und Moderator

Postings: 5646

Registriert seit 15.05.2013

2015-10-16 14:04:19 Uhr
Der hat mit "Silhouettes" und "Levels" 2 sehr gute Mainstream-Dance-Songs gemacht.
Seit er Alben produziert, ist er aber ganz furchtbar geworden. Dieses "Waiting For Love" ist noch schlimmer als "Wake Me Up". Was für ein dämlicher Text auch.
Fox
2015-10-16 13:32:45 Uhr
Die Rezi ist stimmig...
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