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Sigur Rós - ( )

Sigur Rós- ( )

Fat Cat / PIAS / Connected
VÖ: 28.10.2002

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Schall und Rausch

Ob es daran lag, daß einer ganzen Branche die Bedeutungslosigkeit ihres Schaffens unter die Nase gehalten wurde? Die Ankündigung, Sigur Rós würden weder den Songs ihrer neuen Platte, noch dem Album selbst einen Namen geben und obendrein einmal mehr ausschließlich in der eigens kreierten Fantasie-Sprache Hopelandish singen, verursachte jedenfalls ein Blätterwald-Rauschen, daß selbst die verzerrteste Feedback-Kaskade der vier Isländer übertönt hätte. Worte werden plötzlich ihrer Bedeutung entzogen. Einzig die Musik soll noch zählen. Und da wären Songtitel oder gar Lyrics im herkömmlichen Sinn bereits zu viel der Einschränkung. Die Spinnen, die Isländer! Tun sie doch, oder?

Aber nicht doch. Im raren isländischen Tageslicht betrachtet ist die neue Verschwiegenheit von Sigur Rós gar nicht weiter schlimm. Und mal unter uns: Wer hätte das mit dem Hopelandish überhaupt gemerkt, wenn nicht im Voraus schon die Medienglocke heftigst geläutet worden wäre? Eben. Und die Idee, jeder Hörer solle den freien Platz zwischen den beiden Klammern mit seinen eigenen Interpretationen und Empfindungen füllen ist doch eigentlich eine tolle Sache! Ja. Eigentlich. Man kann "( )" nämlich drehen, wenden, schütteln und hören wie man will, eigentlich bleibt doch nur ein Wort, das wirklich zwischen die Klammern, die die Welt bedeuten, paßt: "Langweilig". In Großbuchstaben. Mit Edding geschrieben.

Dabei haben Sigur Rós ihre Hausaufgaben gemacht. Quadratmetergroße Keyboard- und Orgelflächen bieten ausreichend Nährboden für unvergleichlich süße Gitarrenklänge, Pianomotive und ganze Armeen von Streichern. Sänger Jon Thor Birgisson klingt außerdem noch immer wie die uneheliche Tochter von Prince und liefert so nach wie vor zuverlässig den schnellen Gänsehaut-Kick. Doch was nützt es, wenn Sigur Rós die Kür verpatzen? Wenn die Bläsersätze des perfekten "Ágætis byrjun", bei denen es selbst den Spätsechziger-Beatles blaß ums Koksnäschen geworden wäre, einfach nicht mehr da sind? Wenn das Umschalten von Abwehr auf Angriff nicht funktioniert? Wenn die Isländer auf bequeme Schönklang-Berieselung setzen anstatt ihren wohlstandsbäuchigen Kompositionen Beine zu machen? Wenn überhaupt noch jemandem die Kinnlade runterfällt, dann jedenfalls nur, weil er halt mal kräftig gähnen muß.

Dabei ist es doch eigentlich gar nicht so schwer. Nachdem man 50 Minuten mit Sigur Rós, sich selbst und überhaupt der ganzen Welt im Clinch gelegen hat, finden die Isländer doch noch zu ihren Stärken zurück. Mit spielerischer Leichtigkeit werden in den beiden Abschlußstücken viertelstündige Melodiebögen aufgezogen. Entfesselt tänzeln einzelne Klänge über diese hinweg und lassen sich gar zu übermütigen Luftsprüngen hinreißen. Das Händchen für den richtigen Überraschungseffekt ist plötzlich auch wieder da - die mühsam aufgebaute Idylle wird letztlich im infernalen Feedback-Chaos versenkt. Na also, geht doch. Man möchte beteuern, daß 25 Minuten ziemlich genau alle Zeit der Welt bedeuten. Blöd nur, daß das Album fast dreimal so lang ist.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Track 7
  • Track 8

Tracklist

  1. Track 1
  2. Track 2
  3. Track 3
  4. Track 4
  5. Track 5
  6. Track 6
  7. Track 7
  8. Track 8

Gesamtspielzeit: 71:49 min.

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