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Chefket - Nachtmensch

Chefket- Nachtmensch

Vertigo / Universal
VÖ: 14.08.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Morgen kein Star

Chefket ist der wohl älteste Newcomer im Deutschrap. Mit 33 Jahren ist der Deutschtürke aus Heidenheim an der Brenz beispielsweise knappe zehn Jahre älter als Kollege 3Plusss. Sevket Dirican nach nunmehr drei Studioalben, einer weiteren Reihe von EPs und Mixtapes und seinen zahlreichen Beiträgen zu Alben und Songs prominenter Kollegen tatsächlich noch als "Newcomer" zu bezeichnen, ist indes reichlich frech. Auch mit seinem gesellschaftlichen Engagement, zum Beispiel für die Linksjugend, hat er sich einen Namen als musikalischer Zeigefinger gemacht. Warum zum Geier ist der Typ kein Star? Etwa damit er es mit seiner neuen Platte "Nachtmensch" werden kann?

In der Vorabsingle, gleichzeitig Opener von Chefkets neuem Werk, "Rap & Soul", erklärt der Wahlberliner seine musikalische Prämisse: Rap allein macht auch nicht glücklich. Jetzt aber einen weiteren huttragenden Flummi im Textmarker-Outfit a la Jan Delay zu erwarten, wäre schlicht bescheuert. "Nachtmensch" geht herrlich unaufgeregt mit seinen Soul-Einflüssen um. Wenn hier einmal die Trompete gezückt wird, dann nicht um feurige Fanfaren zu blasen, sondern um der Stimmung weitere Deepness einzuhauchen. Und so gelingt dem Rapper gleich zu Beginn von "Nachtmensch" ein Tiefschlag gegen das Profane: Mit Hammond-Orgel, pendelnd zwischen Single- und Double-Time, zeichnet Chefket auf was er vor hat, zitiert seine Lieblingsacts und erklärt die Runde für eröffnet, ohne dabei zum ultimativen Schwanzvergleich zu fordern: "Ich bin Rap, ich bin Soul, ich bin Jazz, Rock 'n' Roll / Ich bin cool, easy, Chef, du bist high, denn ich bin dope."

Gleich anschließend zeigt er auf, was der vorherige Track schon anklingen ließ und positioniert sich als "Glücklichster Rapper": "Alle prahlen die ganze Zeit und sagen, sie hätten viel Geld / Aber Chefket ist der glücklichste Rapper der Welt" lautet die Quintessenz seiner Zeilen über dem dissonanten Gummi-Beat, die klarstellen, wie sehr der Rapper auf Fame scheißt und das kauft man diesem Typen gerne ab. Im Soul-Titel "Fliegen" indes, genau wie im argwöhnischen "Nachtmensch" und im depressiven "Kater", gibt sich Chefket weitaus nachdenklicher, spricht von der Sehnsucht nach dem High-Sein, der Schlaflosigkeit und dem Katzenjammer im Nachgang. Mit "Träume" berappelt er sich und formuliert sein eigenes kleines "Die Gedanken sind frei", um sich anschließend ins Getümmel zu stürzen und sich selbst zu sagen "Lass gehn'". Mit Handclaps und schwungvollem Rhythmus bringt er eine Schippe Jackson Five ins Geschehen ein, denn es wird getanzt und nicht länger darüber nachgedacht.

Auf dem Fuße folgt der Party wieder die große Infragestellung, bis schließlich "Immer mehr" erklärt, wie sich es eben so verhält: Streben, fallen, weitermachen. So liefert Chefket ein Album voller Schwankungen, welches dennoch zur runden Sache wird, indem es sich mit dem Gang der Dinge anfreundet und seine Kraft aus der Bipolarität zieht, während über allem die Aussage vom Anfang steht: Glücklichsein ist umstandsunabhängig. Dass Chefket nunmehr der große (kommerzielle) Durchbruch gelingt und er mit "Nachtmensch" den Mainstream entert, bleibt indes fraglich. Wenn Du Dir in die Hose pisst, ist es scheißegal ob es links oder rechts runterläuft, und so wird es Chefket ebenso völlig bums sein, was er mit diesem Album erreicht, Hauptsache er wird den Druck los. Guter Mann!

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • Rap & Soul
  • Glücklichster Rapper
  • Lass gehn'

Tracklist

  1. Rap & Soul
  2. Glücklichster Rapper
  3. Fliegen
  4. Nachtmensch
  5. Tanz
  6. Kater
  7. Träume
  8. Lass gehn'
  9. Carie me homeland
  10. Vernichtung
  11. Wir
  12. Immer mehr

Gesamtspielzeit: 42:22 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Tim.

Postings: 1970

Registriert seit 14.08.2015

2015-10-23 08:08:23 Uhr
habe beim ersten drüberlesen "Chefkot" gelesen - und hatte schon irgendeine schweinerei armins befürchtet.
Hanno (unangemeldet)
2015-10-22 21:46:18 Uhr
Da ich außer dem Deutschlandfunk zum Wecken kein Radio höre, kann ich nicht beurteilen, wie häufig Chefket auf den einschlägigen Pop- und Jugendsendern läuft, aber wenn "Glücklichster Rapper" dort nicht rauf und runter gespielt wird, wäre das höchst seltsam ...

Antaeus

Postings: 23

Registriert seit 24.09.2014

2015-09-05 16:03:20 Uhr
Hab mir zum ersten Mal ein Rap-Album gekauft ... super, super Teil!

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2015-08-19 01:11:34 Uhr
Frisch rezensiert! Meinungen?
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