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The Membranes - Dark matter / Dark energy

The Membranes- Dark matter / Dark energy

Cherry Red / Rough Trade
VÖ: 19.06.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Her mit den kleinen Universen

The Membranes wollen hoch hinaus. Immer noch. Schließlich spielen die Briten um John Robb mit Unterbrechungen bereits seit Mitte der Achtziger knorrigen Post-Punk und lärmenden Indie-Rock, der seinerzeit lediglich bedingt in den meist gut gelaunten Noise-Pop der Class of '86 passte. Phillip Boa, einst Macher ihres deutschen Labels Constrictor, tat sein Möglichstes, die Band mit Songs wie "Spike Milligan's tape recorder" oder "Groovy fuckers" auf der noch frischen Independent-Landkarte zu etablieren – ohne großen Erfolg, wie der Titel der später nachgeschobenen Best Of "Wrong place at the wrong time" andeutet. Nein, berühmt werden The Membranes wohl nicht mehr. Zum Trost können sie sich wenigstens rühmen, anlässlich ihres neuen Albums in 158 Meter Höhe auf dem Blackpool Tower in ihrer Heimatstadt gespielt zu haben. Ist doch auch was.

Eine Frage bleibt trotzdem: Wie um alles in der Welt haben sie "Dark matter / Dark energy" da hochbekommen? Der sechste Longplayer des Quartetts ist nämlich in jeder Hinsicht ein dicker Brocken. Anders kann man es vermutlich nicht nennen, wenn The Membranes in über einer Stunde Teilchenphysik, Betrachtungen zu Multi- und Universum sowie den Tod von Robbs Vater in bösartig schleifenden, mitunter überlangen Songbrachen verarbeiten. Mehr Konzeptalbum geht kaum – wer das bezweifelt, muss sich nur den Opener "The universe explodes into a billion photons of pure white light" auf der Zunge zergehen lassen. Und wird dann immerhin feststellen, dass es sich um einen wiewohl zornigen, aber leidlich gradlinigen Brecher handelt. Weit aufgerissene Gitarren, raunender Grummelgesang und tosendes Stakkato-Finale inklusive. Endlich Punkrock!

"Do the supernova" legt mit durchdrehendem Basslauf, Psychobilly-Ansätzen und viel Geschrei direkt nach – ein tumultöser Hit, hört man einmal über textliche Gemeinplätze wie "One for the money, two for the show" hinweg. Was spätestens bei kurzen, speckigen Krachern wie "21st century man" oder "Hail to the lovers" kein Problem mehr sein dürfte, deren vergleichsweise matte Themen zudem verdeutlichen, warum sich The Membranes neuerdings so sehr für Kosmisches interessieren: Die Liebe ist und bleibt eine Himmelsmacht, und auch der Mensch wird sich nie ändern – wie langweilig. "Money is dust" hingegen humpelt auf krautigem Rhythmusgerüst daher und lässt sich von spitzen Licks piesacken, während Robb heiser das Ende des Kapitalismus ausruft: "Dance to the crash of the cash machine." Und irgendwo riecht es nach angekokelten Banknoten.

Diese dunkle Materie bezieht sich also vor allem auf die ganz persönliche Finsternis, deren seelischer Tiefpunkt bei der neunminütigen Moritat "In the graveyard" erreicht ist: Zu kantigem Horror-Dub heult Robb an der Ruhestätte seines Erzeugers verzweifelt den Mond an, Gitarren jaulen gequält auf, eine verhallte Melodica geistert durch die schwarze Nacht. Harte, aber ungemein spannungsgeladene Kost – vereinzelte, eher wissenschaftlich denn musikalisch interessante Spoken-Word-Einlagen hin oder her. In den Himmel wächst dieses faszinierend sperrige Album vielleicht nicht, dafür macht es in entgegengesetzter Richtung aber umso mehr Betrieb. Schön warm ist es dort allemal – und dauert es wie hier mit knapp 70 Minuten mal wieder etwas länger, machen The Membranes nur eine wegwerfende Handbewegung. Was ist das schon gegen ein paar Lichtjahre?

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • The universe explodes into a billion photons of pure white light
  • Do the supernova
  • Money is dust
  • In the graveyard

Tracklist

  1. The universe explodes into a billion photons of pure white light
  2. Do the supernova
  3. 21st century man
  4. Money is dust
  5. The multiverse suite
  6. Space junk
  7. Dark matter
  8. If you enter the arena, you've got to be prepared to deal with the lions
  9. In the graveyard
  10. Hail to the lovers
  11. Magic eye (to see the sky)
  12. 5776 (The breathing song)
  13. Dark energy
  14. The hum of the universe

Gesamtspielzeit: 68:37 min.

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Jennifer

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2015-07-01 23:13:48 Uhr
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