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Lifehouse - Out of the wasteland

Lifehouse- Out of the wasteland

Ironworks / Rough Trade
VÖ: 26.06.2015

Unsere Bewertung: 2/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Mitleid nützt niemandem

Niklas Luhmann hat geschrieben: "Der Mann liebt das Lieben, die Frau liebt den Mann." Und womöglich lassen sich auch viele Musikermänner hier einsortieren. Da gäbe es beispielsweise Robin Thicke, der das "Lieben" auf körperlicher Ebene besingt oder Nick Cave, der die Liebe als einen Allheilsbringer, verkörpert von einer Geliebten, respektive auch als metaphysisch Damengewordenes versteht. Oder eben Lifehouse, die ohne alljährliche US-High-School-Abschlussbälle wohl niemals funktioniert hätten. Zumindest keine Hauptabnehmer fänden. Denn diese persiflierende Teenie-Film-Geschichte, dass der Außenseiter die Klassenschönheit erfolgreich oder nichterfolgreich umwirbt, ist Grundbestandteil der Idee von Liebe, die Lifehouse präsentieren.

Denen geht es eigentlich nicht ums (körperliche) Lieben, sondern eher um die weinerlichen Phrasen wie in einem ihrer erfolgreichsten Songs "Everything": "'Cause You're all I want, You're all I need / You're everything, everything." Das hat viel persuasiven Charakter, dass quasi im Mitleid irgendwer dazu überredet werden soll, letztlich den Latz zu öffnen. Liebe bei Lifehouse ist stets unerwidert – aber eben die einzig "wahre". Schmalztrunkene Melodien, das Beharren einer unanfechtbaren Geliebtenfindung, da kann sie noch so einseitig sein oder momenthaft. Absolut bleibt absolut und Liebe sowieso bei Lifehouse.

Das Label Geffen schmiss die Band nach deren 2012er Album "Almería" raus. Kommerziell gescheitert, hat Frontmann Jason Wade eine Trennung mit Handschlag erlebt, so beschönigt es die offizielle Pressemitteilung. Eigentlich wollte er dann eine Solo-Platte aufnehmen, dazu kam es nicht. Stattdessen beheimatet nun "Out of wasteland" einige dieser Kompositionen. Das Label Ironworks ist und bleibt das einzig Neue. Sonst: merkwürdig eingesungener Gesang, irgendwie verfremdet mit irgendwelchen tollen Effekt-Tools, die an jeder Stelle deplatziert und selbstgefällig wirken. Im Opener gleich Texte wie "We made it through hell and back again / We were slipping through the cracks, staring at the end / Ohohooo, and we brave the weather." Weiterhin bewahrheiten sich beflissene Skeptiker, die anhand von "Ohohooo"-Momenten eine weniger gute Musik bescheinigen. Weil das mit Lifehouse wie mit Nickelback ist: so Möchtegern-Rockpop und wahnsinnig emotional, aber eben nichts dahinter. Da passt es, dass die Bands häufig miteinander auf Tournee sind. "One for the pain" versucht noch mit einem kleinen Chor, der aber auch nichts anderes als "a-uh-uh-uh" weiß, etwas Tiefgang zu erzeugen. Klappt natürlich nicht. "Runaways" bietet gar E-Drums, vergleichsweise aufzufinden als ereignisschwere Grundierung jedweder Rihanna-Hits.

"I can't feel you / But there's still time", singt der wehleidige Wade dann in "Stardust", und man würde ihm nur zu gerne entgegen schreien: "Ja! Ich auch nicht und überhaupt niemand! Also lass es doch bitte!" Es sind die platten Motive der untergehenden Sonne (uramerikanisch im "Central Park"), es sind die Hirngespinste einer Intimität mittels Banjo-Picking in "Hurt this way" und die unproportionierten Streicher in "Hourglass", die durch und durch oberflächlich sind. Ebenso wie die einkalkulierten Kulminationspunkte, dass in "Firing squad" und eigentlich jedem anderen Lied auf "Out of the wasteland" nach der Hälfte nicht mehr melancholisch, sondern marktschreierisch über diese besondere Liebe gesungen wird. Um wieder mit einem Aphorismus, diesmal von Schlegel, zu schließen: "Man soll nicht aus Mitleid bewundern, noch aus Menschenliebe Beifall zollen."

(Maximilian Ginter)

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Highlights

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Tracklist

  1. Hurricane
  2. One for the pain
  3. Flight
  4. Runaways
  5. Firing squad
  6. Wish
  7. Stardust
  8. Alien
  9. Central Park
  10. Hurt this way
  11. Yesterday's son
  12. Hourglass

Gesamtspielzeit: 45:42 min.

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