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Gang Of Four - What happens next

Gang Of Four- What happens next

Membran
VÖ: 27.02.2015

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Wohin der Wind uns weht

Eine Band stellt man sich ja gerne als eine enge Freundschaft verwandter Geister vor. Doch die verschworene Gemeinschaft der Anfangszeit zerbricht oft schon, wenn sich die wesentlichen kreativen Köpfe zeigen und sagen, wo es lang geht. Und am Ende ist meist nur noch einer übrig, der den Kahn dann endlich dahin segeln kann, wohin er will. Bei Gang Of Four ist jetzt nur noch Gitarrist Andy Gill am Ruder, nachdem auf dem 2011er Comeback-Album "Content" wenigstens noch Sänger Jon King aus den mehr als 30 Jahren zurückliegenden Gründungstagen dabei war. Und selbst wenn die Band auch in aktueller Besetzung ein Quartett bleibt, kann man auf "What happens next" nicht mehr wirklich von einer Viererbande sprechen, wenn gleich fünf recht bekannte Gäste mitwirken.

Die prägnante Gitarre Gills und der Bass prägen Gang Of Four auch im Jahre 2015. Die Songs mit der von The Kills und The Dead Weather bekannten Alison Mosshart klingen im Wesentlichen so, als würde sie schlicht King als Sänger ersetzen. Auffällig ist jedoch, dass die ansonsten so aggressive Mosshart auf "Broken talk" geradezu harmlos wirkt und der Song zwar den typischen verzerrten Gitarrensound entwickelt, die Rhythmusfraktion aber nicht an die Dynamik eines Stücks wie "The difference between us" von The Dead Weather heranreicht. Das komplexere "England's in my bones" erinnert dagegen an "Paralysed" und könnte so auch auf Gang Of Fours älteren Alben zu finden sein. Das ist bei den Songs, die der langjährige Freund Herbert Grönemeyer übernimmt, jedoch ganz und gar nicht der Fall: Auch wenn Gill für Musik und Text von "The dying rays" verantwortlich zeichnet, fühlen sich die melancholischen Synthesizer-Klänge eher an, als wären sie auf einer Platte des Ex-Bochumers zu Hause. Natürlich prägen nicht nur die Gäste "What happens next": Auch die neuen Mitstreiter wie Leadsänger John "Gaoler" Sterry tragen dazu bei, dass etwa ein Song wie "Stranded" stellenweise an New Order erinnert.

Das Problem des Albums ist, dass man den Eindruck gewinnt, die Band frage sich selbst, was wohl als nächstes passiert. Die Reise startet in "Where the nightingale sings" mit arabischen Klängen und halb angezogener Handbremse, aber wie bei Jack Sparrow mit seinem kaputten Kompass ist die Richtung nicht klar. Einige vertraute Gebiete wie "Isle of dogs" werden zwar durchaus angefahren, aber manche Songs erscheinen wie ein verblasster Geist vergangener Tage. So nehmen in "First world citizen" Gitarre, Bass und Drums mehrmals Anlauf, schaffen es aber nie über ein seltsam verhaltenes Midtempo hinaus, bis der Song schließlich im Hintergrundgesang versandet. Es passt, dass die beiden letzten Stücke nicht unterschiedlicher sein könnten: Bei "Dead souls" mit dem Japaner Hotei bekommt man eine Vorstellung davon, wie Gang Of Four klingen würden, wenn jemand anderes dauerhaft die Gitarre übernimmt, während das von Grönemeyer auf Deutsch gesungene "Staubkorn" reiner Ambient-Synthiepop ist, den man so nicht auf einem Gang-Of-Four-Album erwartet hätte.

Und so geht der Disco-Funk(en) im Post-Punk vergangener Tage verloren, der Gang Of Four zum prägenden Einfluss für mehr als nur eine Generation von Bands von LCD Soundsystem bis Bloc Party machte, und auch die Aggressivität, die "Content" auszeichnete, ist nur noch in Ansätzen vorhanden. "What happens next" ist klar von der Suche nach neuen Abenteuern geprägt. Dabei setzt Gill auf eine Kombination von bewährten Mitteln und diversen neuen Mitstreitern. Und er gibt sich Mühe, viel Mühe. Dass man das hören kann, ist jedoch nicht unbedingt von Vorteil. Gang Of Four haben zwar keinen Schiffbruch erlitten, den Stein der Weisen haben sie aber auch nicht gefunden. Aber schließlich ist ja der Weg das Ziel.

(Holger Schauer)

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Highlights

  • Where the nightingale sings
  • Isle of dogs
  • Stranded

Tracklist

  1. Where the nightingale sings
  2. Broken talk
  3. Isle of dogs
  4. England's in my bones
  5. The dying rays
  6. Obey the ghost
  7. First world citizen
  8. Stranded
  9. Graven image
  10. Dead souls
  11. Staubkorn

Gesamtspielzeit: 42:15 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2014-12-02 21:42:29 Uhr
Die legendäre britische Band Gang Of Four veröffentlicht am 27. Februar 2015 ihr neues Album "What Happens Next". Neben dem neuen Sänger John "Gaoler" Sterry sind Alison Mosshart (The Kills), Robbie Furze (The Big Pink) und Herbert Grönemeyer als Gast-Sänger zu hören.

Berlin, 02.12.2014
Gang Of Four sind zweifelsfrei eine der einflussreichsten Rockbands der letzten 40 Jahre. Ihr Debütalbum "Entertainment!" von 1979 war wegweisend für Post-Punk und New Wave. Pitchfork listet die Platte unter seine zehn wichtigsten Alben der 1970er Jahre. Mojo nennt "Entertainment!" "a record that changed the world". Die Werke von Gang Of Four und ihre Bühnen-Auftritte haben eine Reihe Bands merklich beeinflusst: Nirvana, LCD Soundsystem, R.E.M., Red Hot Chili Peppers, Franz Ferdinand, Rage Against The Machine. Nur um einige zu nennen. Nun, 35 Jahre nach ihrem Debüt, veröffentlichen Gang Of Four ihr neuntes Studioalbum "What Happens Next" am 27. Februar. Gründungsmitglied Andy Gill hat dabei personell umbauen müssen: Sänger Jon King verließ die Band nach dem letzten Album "Content" und wurde durch John "Gaoler" Sterry ersetzt. Der ist auf dem Album ebenso als Sänger zu hören wie Alison Mosshart von The Kills, Robbie Furze von The Big Pink und der Schauspieler und Musiker Herbert Grönemeyer, der gleich zwei Stücken auf "What Happens Next" seine Stimme leiht.
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