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Father John Misty - I love you, honeybear

Father John Misty- I love you, honeybear

Bella Union / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 06.02.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Das verflixte L-Wort

Die Beatles wussten es schon 1967, ein paar andere auch schon vor ihnen, seitdem eh fast alle: All you need is love. Liebe macht vieles manchmal schwerer, aber im Endeffekt doch alles etwas besser. Josh Tillman kann ein Lied davon singen, eigentlich sogar elf – und das macht er dann auch einfach auf dem süßlich-kitschig betitelten "I love you, honeybear", seinem neunten Solostreich insgesamt und gleichzeitig dem zweiten Album, das er unter dem Pseudonym Father John Misty veröffentlicht. Fast genau drei Jahre nach seinem Ausstieg bei Fleet Foxes widmet sich der 33-Jährige dem schönsten wie schwierigsten Thema auf Erden und schafft dabei nicht etwa nur eine x-beliebige Schwarzweiß-Momentaufnahme, sondern eine fortlaufende Sequenz in allen möglichen Grau-Schattierungen. Tillman weiß es auch: Ja, all you need is love, – ein bisschen mehr als das kann aber auch nicht schaden.

"I love you, honeybear" ist keine Ansammlung zärtlicher Hymnen, die sich nur um schnödes Herzklopfen und schmachtende Blicke drehen, sondern ein Konzeptalbum, das den eigentlichen Moment der Verliebtheit im Grunde auslässt: Einige der Stücke beschäftigen sich mit den ausschweifenden Erzählungen eines Mannes, der den Augenblick lebt und liebt – ob diese real oder frei erfunden sind, gibt Tillman nicht preis. Die anderen Songs handeln vom Zusammensein, der Hinkehr zur Sesshaftigkeit, der Entscheidung, aus zwei Leben eines zu machen. Selbst längst ein verheirateter Mann, zeichnet der Ostküstler ein durchaus realistisches Bild von der Ehe: "I brought my mother's depression / You've got your father's scorn and wayward aunt's schizophrenia" singt er im großzügig instrumentierten Opener und Titeltrack, wohlwissend, dass die schlechten Seiten zweier Menschen nicht immer zwingend zur Entfremdung führen müssen, sondern tatsächlich auch enger zusammenschweißen können.

Das komplette Gegenteil ist hingegen die Piano-Ballade "Bored in the USA", in der sich Tillman kühl und distanziert über gesellschaftliche Gepflogenheiten auskotzt und diese ironisch mit Gelächter aus der Konserve untermalt. Nicht weniger zynisch gibt sich das akustische "Holy shit", das das Konzept des Zusammenseins hinterfragt: "Love is just an institution based on human frailty / What's your paradise got to do with Adam and Eve / Maybe love is just an economy based on resource scarcity / But what I fail to see is what that's got to do with you and me." Im stürmisch nach vorne polternden "The ideal husband" nähert er sich jenem Entwurf der Ehe zwar an, klärt seine zukünftige Frau aber auf ehrliche Weise darüber auf, wen oder was sie da zu heiraten gedenkt. Die Wahrheit kann schmerzen – Geheimnisse aber noch viel mehr.

Im schwelgerisch-countryesken "Nothing good ever happens at the goddamn thirsty crowd" wird Tillman jedoch alsbald etwas ruhiger und zurückhaltender und versteckt die Reinheit der Liebe und alle entsprechenden, positiven Begleiterscheinungen, hinter vermeintlich negativen Parabeln. Man durchschaut ihn dennoch schnell: So fies meint der das alles gar nicht. Das macht auch der fast schon gospelartige Soul von "When you're smiling and astride me" deutlich, in dem Tillman seine eigenen Makel nicht nur analysiert und grob benennt, sondern Wiedergutmachung verspricht – obwohl er weiß, dass er nicht nur trotz, sondern auch wegen ihnen geliebt wird. Selten wurde die großen Themen rund um das L-Wort so ehrlich behandelt, selten zuvor konnte man gleichermaßen so zustimmend nicken und zwei Minuten später ungläubig den Kopf schütteln, wie hier auf "I love you, honeybear". So passiert es dann schließlich doch noch – womöglich zum ersten Mal –, dass man glaubt, Tillman käme auch ohne Fleet Foxes wirklich bestens klar. Und andersrum? Das wird sich erst noch zeigen.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • I love you, honeybear
  • When you're smiling and astride me
  • The ideal husband
  • Holy shit

Tracklist

  1. I love you, honeybear
  2. Chateau lobby #4 (in C for two virgins)
  3. True affection
  4. The night Josh Tillman came to our apartment
  5. When you're smiling and astride me
  6. Nothing good ever happens at the goddamn thirsty crowd
  7. Strange encounter
  8. The ideal husband
  9. Bored in the USA
  10. Holy shit
  11. I went to the store one day

Gesamtspielzeit: 45:10 min.

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User Beitrag

AndreasM

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 705

Registriert seit 15.05.2013

2016-07-09 13:17:36 Uhr
Inzwischen ist es bei mir auch angekommen und ich pflichte bei: tolles Album.
Erinnert mich vom Songwriting und den Texten immer auch ein wenig an Owen Pallette und Jens Lekman. Und bessere Referenzen kann es ja kaum geben!

Rote Arme Fraktion

Postings: 4107

Registriert seit 13.06.2013

2016-07-08 22:49:23 Uhr
Ganz großes Album. Eine unglaubliche Langzeitwirkung.

Gordon Fraser

Postings: 2537

Registriert seit 14.06.2013

2016-06-04 07:48:40 Uhr
Im Laurel Canyon, L.A. - direkt daneben ist ein sehr empfehlenswertes Restaurant. ;)

saihttam

Postings: 2359

Registriert seit 15.06.2013

2016-06-04 03:23:25 Uhr
Auch nicht schlecht. Wo soll der genau sein?

Gordon Fraser

Postings: 2537

Registriert seit 14.06.2013

2016-06-03 19:41:24 Uhr
Jepp, immer noch ein tolles Album.

Habe letztens erst gelernt dass ich schon mal vor dem in "I Went To The Store One Day erwähnten Laden gestanden habe...
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