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The Bug - Angels & devils

The Bug- Angels & devils

Ninja Tune / Rough Trade
VÖ: 22.08.2014

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Alles auf Rot

Die schnellste Rote Karte der Geschichte? Die bekam gerüchteweise ein englischer Spieler nach zwei Sekunden wegen Schiedsrichterbeleidigung, weil er den Anpfiff mit einem "Fuck, that was loud!" kommentiert haben soll. Kaum auszudenken also, würde Kevin Martin eine Fußballmannschaft auf die Beine stellen – den Unmengen von F-Wörtern bei The Bug nach zu urteilen, wären seine Mitspieler nach kurzer Zeit an einer Hand abzuzählen. Doch Martin hat ohnehin andere Sorgen: Schon auf "London zoo" verhandelte er samt umfangreichem Gefolge angepisst die am eigenen Leib erfahrenen desolaten Zustände in den sozial schwachen Ecken der Metropole – wenig verwunderlich, dass sich der Brite irgendwann Richtung Berlin davonmachte.

Und so lässt Martin seit Neuestem vom Funkhaus an der Nalepastraße aus die Wände wackeln. Nicht nur wegen der unflätigen Schimpftiraden seiner zahlreichen Mikro-Gäste, sondern vor allem dank der gewaltigen Subbässe und ruinös wühlenden Rhythmen aus dem Folterkeller des Reggae, die nach wie vor das Klangbild von The Bug bestimmen. Und auch wenn Martin mit Fußball nicht das Geringste am Hut haben sollte, traf die leidige Phrase mit den zwei grundverschiedenen Halbzeiten selten besser zu als hier. Nur böse Zungen könnten nun behaupten, auf den ersten sechs Stücken von "Angels & devils" passiere nicht viel. Sagen wir stattdessen: Im Vergleich zur subtilen Dubstep-Trance von King Midas Sounds "Waiting for you" entspannt sich dieses Album zumindest bis zur Mitte noch etwas mehr – vom eingebauten dicken Ende ist zunächst wenig zu spüren.

Waren nämlich auch die weiblichen Vokalisten bei The Bug bis jetzt ausschließlich für zänkische Verbalinjurien zuständig, wagen sich Liz Harris alias Grouper und Hype-Williams-Hälfte Copeland zum Auftakt in beinahe sphärische Höhen, während Martin Witch House und Chillwave mit knurrenden Basslinien aufraut. Erst die israelische Rapperin Miss Red führt bei "Mi lost" erstmals so etwas wie aggressive Wortakrobatik ein, bevor im beklemmenden Instrumental "Pandi" wabernde Drones im Dunkeln glühen und der Sensenmann, vor dem Rezensent Jakobs schon auf "London zoo" warnte, verheißungsvoll mit dem Arbeitsgerät rasselt. Da kann anschließend auch Psychedelic-HipHopper Gonjasufi zu knisterndem Minimalismus nur noch bang "Save me" flüstern. Ohne erhört zu werden natürlich. Denn ab sofort gibt es kein Entrinnen mehr.

Grime reißt Dancehall, Industrial überfällt HipHop, die Messer sind gewetzt. Die besten Stücke schustert Martin wie üblich Flowdan vom Kollektiv Roll Deep zu: "The one" wirkt mit gelooptem Gitarrenlick von Godfleshs Justin Broadrick und perkussivem Rollkommando wie eine fleischfressende Version von Panjabi MCs "Jogi", über der grimmigen Noise-Grundierung von "Fat mac" skandiert der britische MC ähnlich unheilvoll wie Kode9-Kumpel The Spaceape. Danach bellen die kürzlich aufgelösten Death Grips in "Fuck a bitch" Obszönes, Warrior Queen antwortet pampig "Fuck you" – ihre Harfen haben die himmlischen Wesen aus der ersten Hälfte von "Angels & devils" zu diesem Zeitpunkt längst in der brennenden Öltonne versenkt. Und die lodert fast so schön wie die monströsen Tracks dieses vorhersehbar unvorhersehbaren Albums.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Fall (feat. Copeland)
  • Pandi
  • The one (feat. Flowdan)
  • Fat mac (feat. Flowdan)

Tracklist

  1. Void (feat. Liz Harris)
  2. Fall (feat. Copeland)
  3. Ascension
  4. Mi lost (feat. Miss Red)
  5. Pandi
  6. Save me (feat. Gonjasufi)
  7. The one (feat. Flowdan)
  8. Function (feat. Manga)
  9. Fuck a bitch (feat. Death Grips)
  10. Fat mac (feat. Flowdan)
  11. Fuck you (feat. Warrior Queen)
  12. Dirty (feat. Flowdan)

Gesamtspielzeit: 47:24 min.

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Armin

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2014-08-18 19:15:43 Uhr
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