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Dub Thompson - 9 songs

Dub Thompson- 9 songs

Dead Oceans / Cargo
VÖ: 06.06.2014

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Scott sei Dank

Eine Frage, die das Forum von Plattentests.de und andere Fachorgane schon länger umtreibt: Was sind das eigentlich für Leute, die sich freiwillig Scott Walkers "Bish Bosch" von vorne bis hinten zu Gemüte führen? Verbohrte Musique-concrète-Hardliner, die Flatulenzgeräusche als integralen Bestandteil jeder ernstzunehmenden Plattenaufnahme begreifen? Sich selbst kasteiende Schmerzensmenschen ohne Sinn für Wohlklang jeglicher Art? Inzwischen wissen wir zumindest ein bisschen mehr: Evan Laffer von Dub Thompson ist einer von ihnen. Der 19-jährige Kalifornier war sogar so begeistert von dem monumentalen Bösewerk, dass er es auch seinem Bandkollegen Matt Pulos vorspielte – ob er wollte oder nicht. Zum Glück war dieser nicht sonderlich beeindruckt, sodass sich das Duo bald wieder richtiger Musik zuwenden konnte.

Was für einer Musik, ist bei diesem halbstündigen Verwirrspiel jedoch gar nicht so einfach zu sagen: Mit Dub haben Laffer und Pulos allenfalls ansatzweise etwas am Hut, und es gehört fast schon zum guten Ton, dass "9 songs" nur deren acht enthält. Und während Cineasten sich an Michael Winterbottoms sexuell expliziten Spielfilm gleichen Titels erinnert fühlen könnten, geht es Dub Thompson um andere Dinge als schlichtes Gebumse mit popmusikalischer Kontrastierung. Darauf hat als Produzent ausgerechnet Foxygen-Hälfte Jonathan Rado ein Auge – und nicht etwa Steve Albini, nachdem er mit den Bröseln der letzten beiden Cloud-Nothings-Platten gegurgelt hat. Auch wenn man Derartiges glauben möchte, wenn sich wie einst bei Big Black heiseres Gehechel und metallisch zersplitternde Gitarren der Stücke bemächtigen.

Trotzdem gibt es hier nicht bloß rohen Noise-Rock im Hauruck-Modus, sondern auch Post-Punk mit Betonung auf dem zweiten Teil des Wortes und tatsächlich ein wenig Dub-Reggae. Wenigstens bei der Single "No time", die sich mit Dancehall-Loop, Rumpelbeats und bedröhntem Georgel so lange listig ins Ohr schraubt, bis man 2-Tone-Ska für eine gute Idee hält. Damit war nicht zu rechnen, hatte doch "Hayward!" zu Anfang noch mit Groove-Kante und zähnefletschend übersteuerten Riffs vorgeheizt. Und spätestens jetzt wundert es niemanden mehr, dass das Titelstück lügt wie gedruckt, weil es statt eines Songs eine knirschige Zerstörungsorgie auf sechs Saiten feiert oder "Dograces" erst wild um sich tritt und dann die Hookline von Lee Majors' "The unknown stuntman" in einem Fass Lärm versenkt. Kleines Klimperfinale inklusive.

Heilloses Durcheinander also? Mitnichten – Dub Thompson wissen auf "9 songs" sehr wohl, was sie tun. Nacheinander pflanzen sie Hanfsamen in Raketentriebwerke, vertrimmen ausgebleichten No Wave mit stachligen Funk-Bässen und nölen im desolat schiebenden "Epycondyles" fast so missmutig wie Mark E. Smith in einer frühachtziger Betonwüste. Der stoisch durchgepaukte Schwitzkasten "Mono" kommt sogar mit einem einzigen Satz als Songtext aus, und abschließend veranstaltet "Pterodactyls" noch einmal einen Batzen hakenschlagenden Krach, der auch den robustesten Flugsaurier aus der Bahn haut. Ist das hier am Ende Fledermausland? Nein, das ist ein durchgängig verblüffendes, großartiges Album. Wer's nicht glaubt, muss die letzte Scott Walker rückwärts hören.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • No time
  • Epicondyles
  • Pterodactyls

Tracklist

  1. Hayward!
  2. No time
  3. Epicondyles
  4. Dograces
  5. Mono
  6. 9 songs
  7. Ash Wednesday
  8. Pterodactyls

Gesamtspielzeit: 29:41 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Hallo Mr. Thompson
2014-06-28 18:42:40 Uhr
*ArminaufdenFusstret*

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26281

Registriert seit 08.01.2012

2014-06-28 00:23:41 Uhr
Frisch rezensiert! Meinungen?
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