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Damon Albarn - Everyday robots

Damon Albarn- Everyday robots

Parlophone / Warner
VÖ: 25.04.2014

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Im Porzellanladen

"Reich mir Deinen Rüssel, Du kleiner Elefant / Dann traben wir nach Brüssel und pinkeln an die Wand." Zugegeben: Hätte Damon Albarn dem angesprochenen Vierbeiner diesen debilen Reim aus Zeiten der Neuen Deutschen Welle vorgesungen – er wäre wohl panisch trompetend davongelaufen. Stattdessen komponierte der Frontmann der momentan eher theoretisch existenten Blur auf der Ukulele eine Weise für einen Baby-Dickhäuter – und es ist in der Tat eine zu ulkige Vorstellung, wie Albarn ein tierisches Privatkonzert auf einem etwas klein geratenen Saiteninstrument gibt. Zwar geht es auf seinem ersten Soloalbum nach der leidlich gelungenen Oper "Dr Dee" mehrdimensionaler zu, aber auch so nachdenklich, wie es sich geziemt, wenn der Herr lieber über eine Zusammenarbeit mit Noel Gallagher nachdenkt, statt Gemeinheiten mit ihm auszutauschen.

Entsprechend geht sein Blick nicht nur zum Boden wie auf dem Cover, sondern auch weitgehend nach innen – anders als bei Blur, wo er gerne Stereotypen wie "Colin Zeal", "Ernold Same" oder sein Alter Ego "Dan Abnormal" karikierte und von der Einsamkeit fernöstlicher Elektroniklöterinnen erzählte. Und genau die dürften dieser Tage alle Hände voll zu tun haben, wenn sie die Smartphones zusammenbauen, die aus modernen Menschen an ihren Geräten klebende "Everyday robots" machen. Dazu kratzt ein windschiefer Geigen-Loop zu diskret klackernden Rhythmen, und wer sich an Albarns Mitarbeit auf den letzten Alben von Bobby Womack und Gil Scott-Heron erinnert, wird in seinen gekippten Songs zwischen kontemplativem Singer-Songwritertum und postmodernem Soul schnell Parallelen zu diesen Platten entdecken.

Die Anwesenheit von XL-Recordings-Chef Richard Russell, der ebenfalls maßgeblich an "The bravest man in the universe" und "I'm new here" beteiligt war, ist auch auf "Everyday robots" nicht zu überhören: Weite Teile des Albums wirken wie ein behutsames Vorwärtstasten in einem Porzellanladen, zu dem auch kleine Dickhäuter keinen Zutritt haben. Die Beats des rührseligen Durchhängers "Lonely press play" imitieren das mit sattem Geräusch einrastende Fach eines Kassettenrecorders, eine versonnene Akustikgitarre konterkariert die skelettierten Schläge mit feiner Melancholie. Und tappst Elefant "Mr Tembo" dann zu wohligem Groove-Geschaukel und Gospelchor tollpatschig durch sein persönliches Liedchen, hat Albarn im Grunde schon gewonnen.

Erst recht mit einer Zeile wie "It's hard to be a lover when the TV's on" aus dem betrübt schwelgenden "The selfish giant", die jedem bekannt vorkommen wird, der schon einmal Dialoge wie "Hast Du was gesagt?" – "Nein, das war gestern." geführt hat. "You & me" beleuchtet anschließend Albarns in den Medien hochgekochte Heroin-Beichte bei eher gedämpftem Licht und lässt sie in spielerischem Singsang versanden, bevor Brian Eno höchstselbst knödelnd die Stimme erhebt und aus dem Abschluss "Heavy seas of love" ein Mini-Drama macht, bei dem sich am Ende alle bei den Händen fassen und lauthals sämtliche zwischenmenschliche Fährnisse in Grund und Boden singen. Ein wunderbarer Abschluss eines mitunter spröden, aber hinreißend warmherzigen Albums mit feiner Nase für Pop, Wehmut und große Gefühle. Pardon: feinem Rüssel natürlich.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Everyday robots
  • Lonely press play
  • Mr Tembo
  • Heavy seas of love

Tracklist

  1. Everyday robots
  2. Hostiles
  3. Lonely press play
  4. Mr Tembo
  5. Parakeet
  6. The selfish giant
  7. You & me
  8. Hollow ponds
  9. Seven high
  10. Photographs (you are taking now)
  11. The history of a cheating heart
  12. Heavy seas of love

Gesamtspielzeit: 46:40 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

mariobava

Postings: 105

Registriert seit 07.10.2015

2016-02-14 21:12:10 Uhr
Echt, Damon Albarn hat Heroin genommen?

Das erstaunt mich wirklich.

Der war doch immer so ein ganz lieber und braver.

Ansonsten hat mich weder Blur noch Albarn jemals wirklich gepackt.

Er macht ja dieses Jahr was mit einem syrischem Orchester. So Peter Gabriel mäßig.
Ich wünsche allen Fans von Damon Albarn damit viel Spaß.
hinterlistig
2015-11-29 19:22:42 Uhr
Das mit Adele passt zu dem, was James Blunt im letzten Jahr über Albarn verlauten ließ:

„Ich war der einzige, der seinen Akzent nicht versteckt hat. Ich meine, mal ehrlich, Damon Albarn, der ist ganz dort oben. Er hat einen Obstgarten voller Pflaumen in seinem Mund und einen Silberlöffel in seinem Arsch stecken“, so Blunt.

http://www.rollingstone.de/james-blunt-damon-albarn-hat-einen-silberloeffel-im-arsch-stecken-364582/
theorie
2015-11-29 18:27:56 Uhr
Adele: working class
Albarn: upper-class snob

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31725

Registriert seit 07.06.2013

2015-11-29 17:47:17 Uhr
Ich fand ja Albarn noch nie wirklich sympathisch. Ich fande er hatte immer was hinterlistiges.
noel g.
2015-11-29 02:06:52 Uhr
http://pitchfork.com/news/61929-adele-responds-to-damon-albarns-insecure-comment-i-regret-hanging-out-with-him/

"None of it suited my record. He said I was insecure, when I'm the least-insecure person I know. I was asking his opinion about my fears, about coming back with a child involved—because he has a child—and then he calls me insecure?"

schon ein bisserl arschloch, der typ, oder?
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