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The Lawrence Arms - Metropole

The Lawrence Arms- Metropole

Epitaph / Indigo
VÖ: 24.01.2014

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Hassliebe Heimat

Rückblickend war früher vieles aufregender – die Stadt, die Menschen, die Begebenheiten. Irgendwann wurde die Wahrnehmung verschwommener, andere Dinge wurden wichtiger. Tägliche Abläufe automatisierten sich. Was einem oft erst dann bewusst wurde, wenn man auf dem Weg zur Arbeit oder zur Uni wegen einer neuen Baustelle die gewohnte Straßenseite wechseln musste. Doch dieser Alltagstrott muss nicht per se schlecht sein. Nicht nur Sozialpsychologen oder Erziehungswissenschaftler posaunen es in die Welt hinaus: Die meisten Menschen brauchen Gewohntes und gewisse Konstanten.

Wer routinierten Midwest-Punkrock mag, dem muss man The Lawrence Arms wohl nicht mehr vorstellen. Ihre neue Platte allerdings schon, weil sie unerwartet stark ist. Dabei enthält sie natürlich nicht unbedingt musikalische Aha-Momente – schließlich hat das Genre solche Kinkerlitzchen nicht nötig. Das Trio ist seit "Oh! Calcutta!" um acht Jahre gealtert und kämpft zusehends mit dem Alltag. Doch vielleicht fühlt man sich gerade deswegen hier deutlich vertrauter als etwa auf dem zumindest textlich recht platten Vorgänger. Oder aber, weil diese 12 Songs neben guten Geschichten auch alle Qualitäten vereinen, die guter Punkrock braucht: polternde, aber präzise Drums, leicht angepisste Straßenatmosphäre und viele packende Melodien. Kompromisslose Hymnen wie "Hickey Avenue" und "Acheron river" sind dabei nur eine Komponente dieses sechsten Albums. Sie stehen für die ruppige Seite, für die Auflehnung gegen die Monotonie des Stadtlebens, die in "Drunken tweets" in Hochgeschwindigkeit kumuliert: "So let’s keep rolling / Out of these shitty yellow lines / 'Cause we be strolling / Through this endless parade of identical days."

Mitnichten aber sucht die Band krampfhaft nach der Brechstange oder erliegt wie derzeit viele ihrer Artgenossen der kompositorischen Langeweile. Denn das Trio aus Illinois setzt mehr auf Melancholie denn auf Krawall und klingt nicht nur in "Seventeener (17th and 37th)" reifer und griffiger denn je. Bittersüße, aber nicht verbittert anmutende Zeilen wie "Where you are is where you are / And it’s just the way it is / Days just keep rolling on / They won’t miss me when I’m gone" aus dem tollen "Where you are" verdrücken ein Tränchen, doch schon der großartige Titelsong lässt die guten Tage Revue passieren und drückt eher ein Auge zu: "I blinked twice and twenty years went by." Gerade in diesen Momenten ergänzen sich das sanft-melodische Organ von Gitarrist McCaughan und die eher Whisky-getränkte Stimme von Bassist Brendan Kelly perfekt.

Fast alle Episoden auf diesem Album erzählen auch – wie schon der Titel verrät – von The Lawrence Arms' Heimat Chicago. Und auch wenn die Band letztendlich in "Paradise shitty" selbstkritisch feststellt, dass sie wohl zu lange Zeit an den immer gleichen Plätzen verbracht hat, schwingt die außerordentliche Verbundenheit mit den Orten und Erfahrungen in ihrer Stadt überall mit. The Lawrence Arms stellen sich der Herausforderung des Alterns, Erlebtes zu reflektieren und schaffen dadurch ein authentisches und mitreißendes Plädoyer für die Faszination des Alltäglichen. Ob nun bewusst oder unbewusst.

(Eric Meyer)

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Highlights

  • You are here
  • Seventeener (17th and 37th)
  • Beautiful things
  • Metropole
  • The YMCA down the street from the clinic

Tracklist

  1. Chilean district
  2. You are here
  3. Hickey Avenue
  4. Seventeener (17th and 37th)
  5. Beautiful things
  6. Acheron river
  7. Metropole
  8. Drunken tweets
  9. The YMCA down the street from the clinic
  10. Never fade away
  11. Paradise shitty
  12. October blood

Gesamtspielzeit: 34:22 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
beex
2014-01-29 20:29:53 Uhr
Wirklich starke Scheibe mal wieder.

eric

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 2799

Registriert seit 14.06.2013

2014-01-28 22:56:42 Uhr
Wenn es in Sachen Punkrock ein bisschen melancholisch wird, hat man mich auch. Vieles von dem älteren eher spaßigen Zeug hingegen funktioniert nur noch an wenigen (sonnigen) Tagen im Jahr. ;)

Hubble

Postings: 144

Registriert seit 14.06.2013

2014-01-28 22:51:05 Uhr
Danke :-) bei den Songs geht es mir auch so. Im Moment wären das vielleicht Acheron River und October Blood.
Eigentlich ist das ja denkbar einfach gestrickte Musik. Aber irgendwie berührt es und im Detail ist viel versteckt.
"I was born and I died
And just a moment went by"

eric

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 2799

Registriert seit 14.06.2013

2014-01-28 22:28:36 Uhr
Auch textlich ansprechend, gerade für Leute, die mit solcher Musik groß geworden sind und langsam älter werden.

Schön gesagt!;) Ich war auch überrascht. Lieblingssongs wechseln auch ständig...

Hubble

Postings: 144

Registriert seit 14.06.2013

2014-01-28 22:26:18 Uhr
Ich schließe mich an! Die Rezension trifft es gut. Starkes Album, mit dem ich so nicht (mehr) gerechnet hätte. Auch textlich ansprechend, gerade für Leute, die mit solcher Musik groß geworden sind und langsam älter werden.
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