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Ina Müller - 48

Ina Müller- 48

105 / Sony
VÖ: 25.10.2013

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Sabbel Dich jung

48 Jahr, blondes Haar. Na ja, blond-graues Haar. "Ina Müller sabbelt sich die Wechseljahre von der Seele", schrieb die Neue Osnabrücker Zeitung kürzlich. Fast ein bisschen gemein, eine solche Zeile außerhalb des Kontexts zu zitieren. Aber mal ehrlich: Ina Müller spricht selten, sabbelt dafür viel, und das Älterwerden beschäftigt das ewige Fräulein wie kein zweites Thema. So nennt die Cuxhavenerin ihr neues Album, das sie gemeinsam mit ihrem 16 Jahre jüngeren Lover Johannes Oerding aufgenommen hat, ihrem Alter entsprechend "48". Eine Flucht nach vorn ist das, ein Von-der-Seele-Sabbeln. Wenn's hilft.

"48" behandelt vorwiegend sogenannte Frauenthemen. Diesen zweifelhaften Stempel hat die Platte zweifelsohne verdient, denn Müller kokettiert allzu offensichtlich mit den Klischees der Weiblichkeit: So handelt "Sie schreit nur noch bei Zalando" von der Ersatzbefriedigung durch Kleiderkauf. Die Stakkato-Gitarre und die Handclaps im Kehrvers verleihen dem Song einen görenhaften Schmiss, und der Text hat mit Sicherheit einen wahren Kern: "Weder Robbie, noch Til Schweiger, noch Orlando / Sie schreit nur noch bei Zalando." Wie Lily Allen in "Not fair" rückt Müller den weiblichen Genuss in den Fokus, welcher zugegebenermaßen in dieser scheinbar gleichberechtigten westlichen Welt immer noch häufig zu kurz kommt. Irgendwann werden alle Männer ersetzt – durch Schuhe. Kein schöner Ausblick für die Herren der Schöpfung. "Schuhe" schlägt entsprechend noch einmal kräftig in die gleiche Kerbe und nimmt ein knietiefes Bad in der Stereotypensuppe.

In "Spieglein, Spielein" erschrickt Müller: "Wer ist diese Frau da drin?" Ernüchtert erkennt sie "Selbst meine Falten / Können mein Make-Up nicht mehr halten." In schnellem Tempo, mit nach vorn drängenden Drums und netter "Uhhhh-uhhhh"-Begleitung macht der Song das Altern auf plakativste Weise zum Thema. Mit "Teenager" gelingt der Moderatorin von "Inas Nacht" dann das beste Stück auf "48". "Ich möchte heut' kein Teenager mehr sein / Und mit Youporn konkurrieren", wehrt sich Müller gegen den ewigen Pornowahn der Jugend sowie den Jugendwahn an sich. Ein toller dreieinhalbminütiger Popsong mit flottem Keyboard und schöner Steigerung zum Refrain hin, der gut nach vorne geht und sich ebensowenig unterkriegen lässt, wie Müller willens ist, ihre Speckröllchen zu kaschieren. .

Schließlich wird sie vor allen Dingen für ihre Authentizität bewundert, gilt gemeinhin als "echt" – dank ihrer Art, mit den Dingen umzugehen und rauszuposaunen, was sie beschäftigt. Diese Extrovertiertheit scheint ihr irgendwie angeboren zu sein. Auf der anderen Seite ist Müllers Auftreten wohl der größte Schutzschild, der ihr zur Verfügung steht. Was wirklich in ihrem Inneren geschieht, das weiß keiner. Doch die Norddeutsche hat eine Möglichkeit gefunden, sich durch ihr Gesabbel am eigenen Schopfe aus dem Sumpf zu ziehen. Und das ist vorbildlich. So ist "48" ein Album für alte genau wie für junge Menschen. Mit oder ohne Penis.

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • Sie schreit nur noch bei Zalando
  • Teenager

Tracklist

  1. Wenn Du nicht da bist
  2. Sie schreit nur noch bei Zalando
  3. Wenn Dein Handy nicht klingelt
  4. Schuhe
  5. Nach Hause
  6. Fünf Schwestern
  7. Wenn ich weg guck
  8. Pläne
  9. Déjà vu
  10. Spieglein, Spieglein
  11. Einen im Sinn
  12. Teenager
  13. Aber Dich

Gesamtspielzeit: 52:33 min.

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