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Xavier Naidoo - Bei meiner Seele

Xavier Naidoo- Bei meiner Seele

Naidoo / Tonpool
VÖ: 31.05.2013

Unsere Bewertung: 2/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Nächstenhass

Er ist ein viel beschäftigter Mann. Er ist gläubiger Christ und scheut sich auch bei heftigem Gegenwind nicht, seine Geschichten von Hoffnung und Nächstenliebe zu erzählen. Er ist der wohl wichtigste deutsche Soul- und R'n'B-Sänger. Er ist Xavier Naidoo. Sohn Mannheims. Der Xer. Der vordere Teil von Xavas. Ein Verkaufsschlager und stets Kandidat für die Spitzenpositionen in den deutschen Verkaufscharts. Und nun veröffentlicht er seine neue Platte, die wirklich zum Schlimmsten gehört, was man dem Menschen antun kann. Was früher noch als seichte Radiokost durchging, ist mittlerweile ein riesengroßes Ärgernis für alle, die noch an das Gute in der Musik glauben.

"Bei meiner Seele" ist Naidoos ungefähr sechstes Solo-Studioalbum, sehen wir von seiner künstlerischen Bankrotterklärung, dem unsäglichen Dubstep-Experiment "Mordsmusik" einmal ab. Musikalisch gibt es den immergleichen, tausendfach gehörten Stilmix aus Soul, R'n'B, HipHop und Reggae, stillos zusammengeklatscht und in formatradiokompatible Häppchen geschnitten. Naidoos Songs sind so seicht wie Vorabendserien in den dritten Programmen, so bieder und keusch, so nichtssagend und gefühlskalt wie form- und lieblose Industrieware. Will heißen: Naidoos Pop-Entwurf verhält sich zu wirklicher Musik wie Analogkäse zu richtigem Käse. Alles hier ist Behauptung, alles funktioniert als Auf- und Abarbeitung am eigenen Image. Der Mannheimer bedient sämtliche Klischees und agiert damit in etwa so überraschend wie Cindy von Marzahn oder Mario Barth.

Eklatant, und da sind wir dann bei des Pudels Kern, liebe Mitmenschen, wird es, wenn wir auf seine Texte zu sprechen kommen. Seine Botschaften bestehen aus purer Erbauungslyrik, mahnenden Worten und heuchlerisch-verheulten Litaneien, die wohl selbst dem zurückgebliebensten New-Age-Fanatiker zu billig wären. Sein Schlimm ist unser Ganz-Ganz-Schlimm. Wenn er in "Höchste Zeit" den Moralapostel gibt, dann bekommt man Gänsehaut vor Grauen: "Seine Genitalien hängen an der Wäscheschnur." Tun sie natürlich nicht - dennoch entblödet sich Naidoo nicht, genau das tatsächlich zu singen. Und Farin Urlaub, der Arme, wird durch eine katastrophale Cover-Version von "Junge" - der zweiten in diesem Jahr - ein weiteres Mal gedemütigt. Aus Naidoos Mund verliert der Song jedwede ironische Brechung. Man schaut an sich selbst herab, betrachtet die Löcher in der Hose und fühlt sich schlecht, weil Onkel Xavier die Zeilen mit solch bedeutungsschwangerem Timbre intoniert, als gelte es, einen Exorzismus durchzuführen.

Wenn Naidoo dann einmal auf seine pseudoreligiösen Kalenderspruchweisheiten verzichtet, wird es jedoch nicht weniger peinlich. Beschämend, wie stumpf der 08/15-Reggae von "Autonarr" aus den Boxen kommt: "Und darum bin ich so ein ausgewachsener Autonarr / Weil ich so auffällig gern Auto fahr / Weil ich unheimlich gerne was erfahr / Und meinen Gedanken hänge ich im Auto nach." Die Texte bleiben stets auf diesem Niveau, auch der Gastauftritt von Ex-Ex-Kumpel Moses Pelham ist so platt wie die Füße von Bud Spencer nach 100 Minuten Haudrauf-Klamauk. "Bei meiner Seele" ist Ausdruck tief empfundenen Nächstenhasses, kann nicht mal mehr als Persiflage durchgehen, selbst wenn man alle acht Augen zudrückt. Nach 50 Minuten tut mir persönlich alles weh. Willkommen in der Hölle, Kevin!

(Kevin Holtmann)

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Highlights

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Tracklist

  1. Bei meiner Seele (DJ Release Remix)
  2. Höchste Zeit
  3. Junge
  4. Autonarr
  5. Hört, hört
  6. Der letzte Blick
  7. Das Aufgebot
  8. Phrasen für Dich
  9. So schön wie früher
  10. Stiller (Teilhaber)
  11. Woran kann ich den Menschen erkennen
  12. Deine Last (feat. Moses Pelham)
  13. Bei meiner Seele

Gesamtspielzeit: 50:31 min.

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